Alte Frau, alter Fisch

Ist es pedantisch, in der Restaurantküche nachfragen zu lassen, ob der Heilbutt von der Atlantik- oder der Pazifikküste stammt? Mag sein. Nichtsdestotrotz ist es erfrischend, Lydia Davis Überlegungen zur ethisch vertretbaren Fischbestellung zu folgen. Die Erzählungen in „Kanns nicht und wills nicht“ haben beide Füße fest am Boden, auch dann, wenn es sich um die Beschreibung von Träumen handelt. Zu banal ist keine Kategorie. Da finden sich wohlmeinende Briefe an Tiefkühlerbsenproduzenten, die Untersuchungsergebnisse einer adoptierten Katze, Gesprächsfetzen, die am Flughafen aufgeschnappt wurden, die Feststellung, dass es ja auch noch Männer auf der Welt gibt, und Kleingeld, das zur Bank gebracht wird. Wie viel Raum das Wort Urteilsvermögen einnimmt und was ein Marienkäfer damit zu tun hat, lässt sich in drei Sätzen zusammenfassen, die kehren vielleicht gerade deshalb gerne ins Gedächtnis der Leserin zurück. Ein Buch, das schnell verschlungen ist, jedoch keineswegs wieder schnell vergessen. bw
Lydia Davis: Kanns nicht und wills nicht. Erzählungen. Aus dem Amerikanischen von Klaus Hoffer. 304 Seiten, Literaturverlag Droschl, Graz-Wien 2014EUR 23,00