Anarchisch in Armut

Was tun, wenn das Geld gerade noch für billige Lebensmittel reicht und eine Nachzahlungsforderung des Stromanbieters eintrudelt? Autorin Sophie Divry erzählt von der Prekarität der gleichnamigen Protagonistin Sophie, die in Paris und gut qualifiziert, aber arbeitslos in Armut lebt. Die Schikanen, die das bürokratische Sozialnetz prägen, werden eindringlich und in ihrer absurden Unentrinnbarkeit geschildert, Erniedrigung und permanente Auswegslosigkeit sind ihr Alltag. Und dennoch agiert Sophie unerschütterlich, verwaltet ihren Hunger und schreibt ebendiesen Roman, der in Frankreich zu einem Überraschungserfolg wurde. Schrift¬satz und Buchstaben sind beweglich auf den Seiten, teilweise mutet ihr Einsatz comichaft an und illustriert regelrecht das Geschehen. Auch ist der Text gespickt mit Anspielungen auf klassische französische Literatur – sofern dies eine_r erkennt. Der Text geht munter dahin, hat bessere und fürchterliche Passagen, ist schnodderig, fantastisch, anarchisch, bürgerlich: jedenfalls spielt er sich gekonnt mit dem einleitenden Hinweis „ohne Anspruch auf Tiefgang“ zu sein – was definitiv immer wieder eingelöst wird.

Meike Lauggas

Sophie Divry: Als der Teufel aus dem Badezimmer kam. Ein Improvisationsroman voller Unterbrechungen und ohne Anspruch auf Tiefgang. Aus dem Franz. von Patricia Klobusiczky. 371 Seiten, Ullstein, Berlin 2017 EUR 21,60