FrühjahrFrühjahr 20102010:: ArbeitArbeit

Titaninnen der Arbeit

Das Phänomen der fleißigen polnischen Putzfrau ist nicht nur bekannt, sondern bereits Klischee. Eine sozialwissenschaftliche Studie widmet sich dieser Thematik, die in reflektierten Kreisen eine schwerwiegende Problematik darstellt: Migrantinnen als ausbeutbare Ressource für wohlhabende Frauen in Westeuropa. Hier stehen die nach Deutschland, speziell ins Ruhrgebiet, pendelnden Frauen aus Polen im Focus des Forschungsinteresses, das in einem deutsch-polnischen Kooperationsprojekt realisiert wurde. Es umfasst drei verschiedene Kapitel: der einleitende Teil (Metz-Göckel) umfasst u. a. die Haushaltsarbeitsdebatte als Eigenarbeit und Dienstleistung sowie deren Verhältnis zu den Kategorien Geschlecht, Klasse, Nationalität. Der zweite Teil (Kalwa) befasst sich einerseits mit der polnischen Migrationsforschung, etwas, worüber hier keine/r viel weiß und andererseits mit den Ergebnissen von Interviews mit Migrantinnen, deren Motivationen und positiven wie negativen Erfahrungen. Eine für hier neue Perspektive ergibt das „häusliche Matriarchat“, das in Polen eine Erkenntniskategorie darstellt. Im dritten Teil (Münst) werden anhand von Reflexionen über Intersektionalität und Methoden in der Migrationsforschung Interviews mit Betroffenen im Ruhrgebiet - ihr soziales Leben, ihre Netzwerke - ausgewertet. Ebenso werden die polnische Geschlechterkonzeption sowie die Auswirkungen der Migrationsentscheidungen auf die Haushalte im Herkunftsland vorgestellt. Erfreulich an diesen hauptsächlich empirisch-sozialwissenschaftlich fundierten Studien sind nicht nur die noch selten erforschten migrantischen Pendlerinnen, sondern auch der unmoralisierende Ton. Bedacht wird zum Beispiel, dass es nicht nur um eine ausbeutende Hierarchisierung unter Frauen geht, sondern eben auch um die immer noch ungelöste Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern. Auch gilt es die Entscheidungen der Frauen ernst zu nehmen, die stolz von sich selbst sagen, dass sie „tytanka pracy“ - eine unermüdliche Arbeiterin sind. Und sich gegenüber uns hier, die wir das nicht sind, überlegen fühlen. Birge Krondorfer
 
Sigrid Metz-Göckel, A. Senganata Münst, Dobrochna Kalwa: Migration als Ressource. Zur Pendelmigration polnischer Frauen in Privathaushalte der Bundesrepublik. 336 Seiten, Barbara Budrich Verlag, Opladen/Farmington Hills 2010 EUR 30,80

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