Das Phänomen der fleißigen polnischen Putzfrau
ist nicht nur bekannt, sondern bereits Klischee.
Eine sozialwissenschaftliche Studie widmet
sich dieser Thematik, die in reflektierten Kreisen eine
schwerwiegende Problematik darstellt: Migrantinnen
als ausbeutbare Ressource für wohlhabende
Frauen in Westeuropa.
Hier stehen die nach Deutschland, speziell ins
Ruhrgebiet, pendelnden Frauen aus Polen im Focus
des Forschungsinteresses, das in einem
deutsch-polnischen Kooperationsprojekt realisiert
wurde. Es umfasst drei verschiedene Kapitel: der
einleitende Teil (Metz-Göckel) umfasst u. a. die
Haushaltsarbeitsdebatte als Eigenarbeit und
Dienstleistung sowie deren Verhältnis zu den Kategorien
Geschlecht, Klasse, Nationalität. Der
zweite Teil (Kalwa) befasst sich einerseits mit der
polnischen Migrationsforschung, etwas, worüber
hier keine/r viel weiß und andererseits mit den Ergebnissen
von Interviews mit Migrantinnen, deren
Motivationen und positiven wie negativen Erfahrungen.
Eine für hier neue Perspektive ergibt das
häusliche Matriarchat, das in Polen eine Erkenntniskategorie
darstellt. Im dritten Teil
(Münst) werden anhand von Reflexionen über Intersektionalität
und Methoden in der Migrationsforschung
Interviews mit Betroffenen im Ruhrgebiet
- ihr soziales Leben, ihre Netzwerke - ausgewertet.
Ebenso werden die polnische Geschlechterkonzeption
sowie die Auswirkungen der Migrationsentscheidungen
auf die Haushalte im Herkunftsland
vorgestellt.
Erfreulich an diesen hauptsächlich empirisch-sozialwissenschaftlich
fundierten Studien sind nicht
nur die noch selten erforschten migrantischen
Pendlerinnen, sondern auch der unmoralisierende
Ton. Bedacht wird zum Beispiel, dass es nicht nur
um eine ausbeutende Hierarchisierung unter Frauen
geht, sondern eben auch um die immer noch
ungelöste Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern.
Auch gilt es die Entscheidungen der
Frauen ernst zu nehmen, die stolz von sich selbst
sagen, dass sie tytanka pracy - eine unermüdliche
Arbeiterin sind. Und sich gegenüber uns hier, die
wir das nicht sind, überlegen fühlen.
Birge Krondorfer
Sigrid Metz-Göckel, A. Senganata Münst, Dobrochna
Kalwa: Migration als Ressource. Zur Pendelmigration
polnischer Frauen in Privathaushalte der Bundesrepublik.
336 Seiten, Barbara Budrich Verlag, Opladen/Farmington
Hills 2010 EUR 30,80