Der Verein zur Förderung frauengerechter Verteilung
ökonomischen Wissens hat einen Namen:
Joan Robinson, eine Ökonomin, der Mitte der
1970er-Jahre auch von ihren Kritikern aus dem
Männerzirkus der Wirtschaftswissenschaften der
Nobelpreis zuerkannt worden wäre, den sie natürlich
nicht bekommen hat. Sie arbeitete an der Lösung
realer Probleme und vermied die Flucht in
den mathematischen Nachweis der Funktionsfähigkeit
von Marktwirtschaften. Autorinnen aus
diesem Kontext haben gemeinsam mit Kolleginnen
vom Institut für Institutionelle und Heterodoxe
Ökonomie/Wirtschaftsuniversität Wien und dem
WIDE (Netzwerk Women in Development Europe)
den Beginn einer Lückenfüllung durch eine wunderbar
hilfreiche Handreichung eingeläutet. Eigentlich
geht es um vier Ermangelungen, die hier
ineinander und für uns vermittelt werden: das gar
nicht bis wenig existierende Wissen um Wirtschaftsbelange
von (auch kritischen und feministischen)
Frauen, obwohl diese vom Wirtschaftssystem
schlechterdings am meisten betroffen sind; die
Inhalte der Kritik aus weiblicher Sicht an dieser
Ökonomie und ihren Apologeten; die dadurch ermöglichte
Wehrhaftigkeit in Theorie und politischem
Alltag; Mittel, wie dieses Wissen in Bildungszusammenhängen
ganz praktisch verbreitert
werden kann.
Thematisiert werden u. a. die androzentrische
Theorie der Ökonomen, Begriffs- und Wirklichkeitserklärung
von Globalisierung, Staat und Steuern,
internationalem Handel, Finanzmärkte, Arbeit.
Nicht nur ein erweitertes und geschlechtergerechtes
Ökonomieverständnis wird empfohlen, sondern
zu jedem Bereich werden Lehr/ Lernmethoden und
Unterlagen angeboten. Inklusive einem Glossar zu
den Begriffen der Wirtschaft, die wir immer schon
mal verstehen wollten. Birge Krondorfer
Zu bestellen u. a. bei: luise.gubitzer@wu.ac.at, Tel:
01/31 336-4515.
Verein Joan Robinson und Autorinnenkollektiv:
Wirtschaft anders denken. Handbuch Feministische
Wirtschaftsalphabetisierung. 173 Seiten, Eigenverlag, Wien
2009 EUR 19,-
Die Beiträges dieses Sammelbandes wurden
bei der gleichnamigen Konferenz in Hildesheim
(Deutschland) im Jahre 2008 präsentiert und
bringen genderspezifische Sichtweisen in die demografische
Forschung ein.
Es werden neue Perspektiven dargestellt, indem
drei demografische Trends (Rückgang der Fertilität,
Alterung und Migration) in Hinblick auf Veränderungen
des Wohlfahrtsstaates und genderspezifische
Relationen betrachtet werden. Dabei ist gerade
die Verknüpfung der drei Dimensionen wichtig,
da in der Forschung zumeist nur einzelne oder zwei
von ihnen im Fokus stehen. Die Aufsätze der Autorinnen
spiegeln die Interdisziplinarität des Feldes
wieder und geben durch verschiedene methodologische
und theoretische Ansätze einen Einblick in
spezifische nationale Entwicklungen. Als besondersinteressant ist das mehrmals vorgebrachte Argument
für anhaltende niedrige Fertilitätsraten hervorzuheben,
bei dem die wenigen Geburten als individueller,
weiblicher Widerstand gegen diskriminierende
gesellschaftliche Gegebenheiten in neoliberalen
Politik- und Wirtschaftssystemen interpretiert
werden.
Das Buch füllt eine Lücke in genderspezifischer demografischer
Forschung und bereichert die sich zumeist
quantitativer Methoden bedienende Disziplin
um konstruktivistische und diskursanalytische Ansätze
in kritisch feministischen Beiträgen
Petra Wächter
Heike Kahlert und Waltraud Ernst: Reframing Demographic
Change in Europe. Perspectives on Gender
and Welfare State Transformations. 232 Seiten,
LIT Verlag, Berlin 2010 EUR 20,50
Der Titel verspricht viel Spannendes, doch
der Buchinhalt wirkt fragmentarisch und wenig
konkret. Bereits die Einleitung fasst einen
Großteil der im Buch präsentierten Thesen zusammen,
hier werden auch einige Zusammenhänge
erklärt, die im gegenwärtigen neoliberalen
ökonomischen Diskurs gerne verschwiegen werden.
Doch dann folgt eine hastig wirkende, umfassende
Sammlung sämtlicher gegenwärtiger System-
Katastrophen aus den Politikbereichen
Welthandel bis Militarismus. Auf zwei Seiten werden
mögliche Alternativen angerissen. In den
nächsten zwei Abschnitten wird das kapitalistische
Patriarchat als Alchemistisches System, als
Utopie (bzw. Dystopie) entlarvt, bspw. wird der
Urglaube an die Knappheit in ökonomischen Systemen
über die Knappheit an gebärenden Vätern
(Gebärneid) erklärt, der durch die Produktion
riesiger Geldmengen und Güter zu entkommen
gesucht wird. Ab der Mitte des Buches fehlt mir
dann die konkrete im Buchtitel versprochene
Logik der Alternativen, stattdessen analysiert
Werlhof Diskussionen vom World Economic Forum
in Salzburg und religiöse (?) Auseinandersetzungen
mit René Girard. Es folgen Reden von
Claudia von Werlhof. Die Leserin bleibt etwas ratlos
und deprimiert ohne Synthese, wesentlichen
Erkenntnisgewinn oder kritische Denkimpulse
zurück. Karin Schönpflug
Claudia von Werlhof: West-End. Das Scheitern der
Moderne als kapitalistisches Patriarchat und die
Logik der Alternativen. 261 Seiten, PapyRossa, Köln
2010 EUR 18,40