FrühjahrFrühjahr 20112011:: KrimisKrimis

Brisante Lieferung

Die Krankenschwester Nina Borg, die Teil eines Netzwerks ist, das sich um aus politischen Gründen untergetauchte Flüchtlinge kümmert, erhält eines Tages den Anruf einer entfremdeten Freundin, die sie um Hilfe bittet und die ihr den Schlüssel für ein Schließfach übergibt. „Du rettest doch so gerne Menschen, oder? … Jetzt hast du eine Gelegenheit. Aber du musst dich beeilen.” Kurze Zeit später ist die Freundin tot, Nina im Besitz einer Tasche, in der ein 3-jähriger bewusstloser Junge liegt und auf der Flucht vor denjenigen, die alles dafür tun würden, das Kind wieder in ihre Hände zu bekommen, um ein lukratives Geschäft zum Abschluss zu bringen. Nina Borg ist eine außergewöhnliche Protagonistin, deren Charakter, Stärke, aber auch Zwänge im Laufe des Buches immer plastischer werden. Daher ist es sehr erfreulich, dass dieses Buch den Auftakt einer dreiteiligen Serie darstellt, die Leser_innen Nina Borg also bald wieder begegnen können. Fazit: Eine packende Geschichte, gesellschaftskritisch und mit transnational verwobenen Strängen, die es verunmöglicht, auch um drei Uhr nachts das Licht zu löschen und das Buch aus der Hand zu legen. Dazu schlüssige Charaktere, deren Perspektiven hingebungsvoll ausgeleuchtet und zusammengeführt werden. Große Empfehlung und große Freude auf weitere Romane dieser beiden Autorinnen. Susanne Oechsner
 
Lene Kaaberbøl, Agnete Friis: Die Lieferung. Roman. Übersetzt von Günther Frauenlob und Maike Dörries. 352 Seiten, Goldmann Verlag, München 2011 EUR 9,30

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Tote am Bodensee

Die Kunstmalerin Marie Glücklich ermittelt gemeinsam mit Kommissar Andreas Sommerkorn in zwei Fällen, von denen es zunächst scheint als ob sie nichts miteinander zu tun hätten. Der Mann von Paula, Maries bester Freundin und Sommerkorns Schwester, ist durch einen mysteriösen Unfall beim Fallschirmspringen ums Leben gekommen, und auf dem örtlichen Friedhof wird die seltsam arrangierte Leiche eines jungen Mannes gefunden. Um Paula zu helfen, sucht Marie Zugang zu den FallschirmspringerInnen, während Sommerkorn der Vergangenheit des toten Burschen nachgeht. Die zwei Handlungsstränge sind geschickt miteinander verwoben, viele Rückblenden lassen nur langsam erahnen, was Sache ist, so bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten. Alle Charaktere sind gut gezeichnet, das Buch liest sich flüssig und macht Lust auf die nächsten Bücher der Autorin. Gabriele Mraz
 
Anja Jonuleit: Novemberasche. Roman. 304 Seiten, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010 EUR 9,20

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Die Luchsin

Wieder einmal wurde in der Redaktion um einen Leena-Titel gefeilscht, ich durfte ihn jetzt als erste lesen! Welch ein Glück! Die Leibwächterin wird auch den anderen gefallen. Hilja Ilveskero ist zwar noch recht jung, hat aber schon allerhand Jobs gehabt. Gerade arbeitet sie als Leibwächterin für eine Immobilienhaiin, die viel Geld mit russischen KundInnen verdient, die in Finnland investieren. Nicht alle mit legalen Absichten. Dabei gerät sie in gefährliche Kreise. Auf einer Moskaureise gibt es Streit zwischen Hilja und ihrer Auftraggeberin, weil diese einen weißen Luchspelz kauft. Hilja kündigt in rasender Wut und das Unheil nimmt seinen Lauf: ihre Auftraggeberin wird prompt ermordet und Hilja verdächtigt. Sie versucht selbst zu ermitteln, weiß aber nicht, wem sie noch trauen darf. Hilja ist eine komplexe Figur, die sowohl in ihrer Tarnung als Durchschnittsfinne Reiska als auch als Prostituierte, die sich ins Wohnzimmer des Mafiapaten einschleicht, überzeugt. Sehr, sehr cool. Und die Geschichte mit der Luchsin erklärt sich am Ende auch. ESt
 
Leena Lehtolainen: Die Leibwächterin. Roman. Übersetzt von Gabriele Schrey-Vasara. 378 Seiten, Kindler, Reinbek bei Hamburg 2011 EUR 20,60

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Sehnsucht nach dem Regen

Frühmorgens auf einer deutschen Autobahn Richtung Norden: Eine junge Frau in Abendgarderobe taumelt auf die Straße, wird von einem Auto erfasst und stirbt. Kommissarin Franza Oberwieser (die man sich als „Tatort”-Fan gut und gerne mit Maria Furtwängler besetzt vorstellen kann) und ihr Kollege Felix Herz beginnen zu ermitteln und stellen schnell fest, dass diesem vermeintlichen Unfall massive Gewalt vorausgegangen ist und dass es viele Menschen im Umfeld der Toten gab, die ihr hätten schaden wollen. Franza hat mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen, mit ihrer Ehe, mit ihrer Distanz zu ihrem erwachsenen Sohn Ben, der nicht mehr ihr kleiner Junge ist, und es fällt ihr nach Jahren der Kriminalarbeit nach wie vor schwer, sich von Gewalt und Tod zu distanzieren, sich zu wappnen. Sie weiß noch nicht, dass die Distanzierung hier noch schwerer sein wird als üblich, dass auch sie mit dem Mädchen verbunden ist, mehr als sie glaubt. Bei manchen Wendungen möchte man leise ausrufen, nein, nicht das auch noch! Abgesehen davon bleibt eine düstere Geschichte über den Tod einer jungen Frau und ihrer Sehnsucht nach Freiheit, mit einer großen Anzahl an mannigfaltig miteinander verwobenen Charakteren, die durch eine besonders für einen Kriminalroman außergewöhnlich schöne Sprache und treffsichere Metaphorik besticht. Susanne Oechsner
 
Gabi Kreslehner: Das Regenmädchen. Roman. 304 Seiten, Ullstein Buchverlage, Berlin 2011 EUR 18,50

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Familiengeheimnisse

Emmas Schwester Floor ist verschwunden. Sie hat nichts mitgenommen außer ihrem Auto und, was am beunruhigendsten ist: sie hat ihre Katze zurückgelassen. Als Emma ihre Schwester wie jedes Jahr an ihrem Geburtstag besuchen will, findet sie das verweste Tier im Kleiderkasten. Emma will nicht akzeptieren, dass ihre Schwester tot sein könnte und setzt alles daran, sie zu finden. Bald wird die Suche zur Obsession — Emma vernachlässigt ihren Job und ihre Beziehung und muss schmerzlich erkennen, dass sie ihre Schwester vielleicht gar nicht wirklich gekannt hat. Als Floors Auto in einem See auftaucht, ist ein Verbrechen mehr als wahrscheinlich. Neben der Kriminalgeschichte erzählt die Autorin auch eine Geschichte über Familie und Beziehungen. Spannende Lektüre. vab
 
Tineke Beishuizen: Haus des Schweigens. Roman. Übersetzt von Kristina Kreuzer. 215 Seiten, Piper, München/Zürich 2011 EUR 9,20

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Fitnesskult versus Kopftuch?

Ein Modekrimi, ein Szenekrimi mit Lokalkolorit an den Schauplätzen Wien und Berlin. Brunnenmarkt und Prenzlauer Berg. Das gelingt gut — übertriebenes Lokalkolorit kann auch schief gehen. Die Heldin, eine freie Ermittlerin im Auftrag der Polizei, jettet zwischen Wien und Berlin hin und her, um den Mord an einem ehemaligen Model aufzuklären — immer leicht überfordert, dennoch supercool. Im Zuge ihrer Ermittlungen erhalten wir Einblicke in die schrille Welt von Modedesigner_innen und Fashionjournalist_innen. Im Hintergrund der recht flotten Entwicklung des Plots geht es sowohl um religiösen Fanatismus — christlich wie islamisch — als auch um Islamophobie. Und wir lernen das Innere der türkischen Botschaft in Wien kennen, wo wir auf einen wunderbaren Garten samt großem Gewächshaus stoßen. Etwas irritierend ist, dass die Autorin offenkundig von der detaillierten abfälligen Beschreibung von nicht der Norm entsprechenden Körpern besessen ist: zu dünn, zu alt, meist aber zu dick. Die Heldin hingegen wird, ebenso wie alle Personen, mit denen sie in sexuellen Kontakt tritt, als schlank und knackig präsentiert. Leider kann auch die Auflösung des Krimiplots, die Beantwortung der Frage „Who's done it?”, nicht wirklich überzeugen. Renate Nahar
 
Sabine Scholl: Tödliche Tulpen. Roman. 240 Seiten, Verlag Deuticke, Wien 2011 EUR 19,40

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Die Entsorgung der „Überflüssigen”

Eine junge Enthüllungsjournalistin sucht den Serienmörder, der arbeitslose Frauen über 40 mordet und dessen Opfer auch ihre Vorgesetzte wurde. Für eine gute Story riskieren diese Journalistinnen wie selbstverständlich ihr Leben. Die junge Frau ist nicht gerade geschickt in der Fragetechnik und im Kombinieren, mit ihrem Einsatz aber auf Erfolgskurs. Tatkräftig unterstützt wird sie von der Gesellschaftsreporterin. Die Leserin, der platte Beschreibungen ein Gräuel sind, wird häufig stöhnen, etwa bei der Führung über den Brunnenmarkt, der „seit geraumer Zeit fest in türkischer Hand” sein soll oder über die (hetero-)sexuellen Beziehungen — von „Politikerhänden auf fremden Ärschen” über die Vorlieben des impotenten Kaufhauschefs bis zum Bruder „Don Juan”. Die Geschichte enthält viele Ansätze zur Gesellschaftskritik, wenn auch nicht gerade in subtiler Form. Und spannend ist sie allemal. Hedi Presch Beate Maxian: Tödliches Rendezvous. Ein Wien-Krimi. 316 Seiten, Goldmann Verlag, München 2011 EUR 9,30 Im Land aus Feuer und Eis Yrsa Sigurðardóttir begleitet in ihrem neuesten Krimi eine Anwältin aus Reykjavik. Diese wird von dem unsympathischen Sexualstraftäter Jósteinn, der in einer psychiatrischen Anstalt einsitzt, damit beauftragt, den seit Jahren abgeschlossenen Fall seines an Down-Syndrom leidenden Mitinsassen Jakob neu aufzurollen und dessen Unschuld an einem Brand in einem Behindertenheim zu beweisen, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen. Die langwierig aufgebaute Geschichte bleibt leider etwas oberflächlich und verzettelt sich in zu vielen Handlungssträngen, die zunächst zu angestrengt geheimnisvoll wirken und letztlich auf wenigen Seiten zu einem abrupten und etwas lieblosen Ende geführt werden. Interessant sind jedoch die Thematisierung der aktuellen Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen auf den isländischen Alltag sowie die Konfrontation der unterschiedlichen Charaktere mit dem Tabuthema Behinderung. Netter Zeitvertreib. Karin Steinheimer
 
Yrsa Sigurðardóttir: Feuernacht. Roman. Übersetzt von Tina Flecken. 422 Seiten, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2011 EUR 9,20

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Wie wird das Wetter?

„Kein Durchkommen” ist bereits der zweite Kriminalroman des Mutter-Sohn-AutorInnenduos Ann Monika Pleitgen und Ilja Bohnet. Es geht um den Klimawandel und ein groß angelegtes deutsch-spanisches Forschungsprojekt, für das Dr. Nikola Rührmann alias Nik, Niko, Nikolaus, SputNik am Forschungsinstitut in Hamburg Daten des Satelliten CORVUS arbeitet. Einer der spanischen Partner stirbt, nachdem er Nikola ein kryptisches Email geschrieben hat, dann verschwindet ein Kollege und Nikola wird nach einem Date mit einer Unbekannten, die am Projekt CORVUS interessiert zu sein scheint, zusammengeschlagen. Wenn eine es über die ersten Seiten geschafft hat, wird es durchaus noch spannend. Und die Hauptfigur Nik ist eine sympathische Heldin: intelligent und witzig und eine Butch, die natürlich Motorrad fährt … Ganz okay. vab
 
Bohnet Pleitgen: Kein Durchkommen. Roman. 251 Seiten, Argument, Hamburg 2010 EUR 11,40

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Sex and Crime mit Kernöl

Dieser Krimi bietet leichte Unterhaltung, ideal als Einschlaflektüre, und macht Appetit auf steirische Hausmannskost. Wer literarischen oder psychologischen Tiefgang und stilsichere Sprache sucht, ist allerdings mit diesem Buch nicht gut bedient. Autorin Rossbacher, nach eigenen Angaben mit einem „Steirerman” verheiratet (daher der Steiermarkbezug), versucht auch Themen wie ungleiche Geschlechterverhältnisse am Arbeitsplatz, Gewalt in der Familie und die bedrückende Atmosphäre im Dorf einzuflechten — und kratzt dabei lediglich an der Oberfläche. Die Heldin, Abteilungsinspektorin Sandra Mohr, muss in ihrem Heimatdorf den Mord an einer Journalistin aufklären und die Liste der Verdächtigen reicht bis zu ihrem eigenen Halbbruder. Nicht genug, dass sie sich mit dem knurrigen Chefinspektor herumschlagen muss; auch ihre Mutter und ihre Jugendliebe Max stellen allerlei Anforderungen an sie. Doch am Ende geht sie als starke Frau hervor, löst den Fall souverän und die Gerechtigkeit siegt. Claudia Saller
 
Claudia Rossbacher: Steirerblut. Ein Alpen-Krimi, 273 Seiten, Gmeiner, Meßkirch 2011 EUR 9,90

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Göteborger Nachtwache

In Göteborg geht ein Serienmörder um, der seine ausnahmslos weiblichen Opfer zuerst beobachtet, sie in ihren Wohnungen heimlich fotografiert, ihnen die Fotos mitsamt einer verschlüsselten Botschaft und einer weißen Chrysantheme zukommen lässt, bevor er sie brutal erdrosselt und in Plastikfolie verpackt zum Finden ablegt. Kommissarin Irene Huss und ihr Team machen sich, tatkräftig unterstützt von Kommissar_in Zufall, auf die Jagd nach dem Stalker und müssen bald an mehreren Fronten tätig sein. Atmosphärisch ist dieser neunte Fall mit Kommissarin Irene Huss durchaus gelungen, und Huss' Figur gewinnt an Tiefe und Plastizität, erfährt doch die Leser_in viel Persönliches aus ihrem Leben, über die Beziehung mit ihrem Mann Krister, über ihre Zwillingstöchter, die mittlerweile erwachsen sind und eigene Wege gehen, über ihre verstorbene Mutter, der sich Irene sehr nahe fühlt. Interessant auch das Einweben eines Subplots, der im Zusammenhang mit einem alten Fall steht, den altgediente Huss-Leser_innen durchaus kennen dürften. Unerfreulich ist jedoch die Darstellung weiblicher Autoritätspersonen wie Kommissarin Efva Thylqvist oder die Gerichtsmedizinerin Prof. Yvonne Stridner und auch, dass das Ende nach solider wenn auch etwas behäbiger Hinführung zu rasant erzählt wird und so die Leser_in atemlos im Lehnstuhl zurückgelassen sitzen bleibt. Susanne Oechsner
 
Helene Tursten: Der im Dunkeln wacht. Roman. Übersetzt von Lotta Rüegger und Holger Wolandt. 320 Seiten, btb Verlag, München 2010 EUR 20,60

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Glücksspiel

In ihrem neuesten Krimi um die Wiener Kommissarin Maria Kouba begibt sich die Autorin Sabina Naber in den Sumpf der Glücksspielindustrie. Große Betreiber von Automatencasinos, die erfolgreich „lobbyieren” und die Politik nach ihrer Pfeife tanzen lassen, sind natürlich reine Fiktion. Ein ermordeter Rechtsaußen-Politiker gibt den Startschuss für die Ermittlungen, doch das ist nur der Anfang. Zusätzlich muss sich Kouba mit einem neuen Kollegen arrangieren und ihr Privatleben gerät auch gehörig ins Schwanken, weil ihr Lebensgefährte — zuhause in Karenz mit der gemeinsamen Tochter — sich immer eigenartiger verhält. Spannung, eine toughe Heldin und Wienflair ohne Kitsch erfreuen die Krimifreundin. ESt
 
Sabina Naber: Die Spielmacher. Roman. 320 Seiten, Rotbuch Verlag, Berlin 2011 EUR 17,50

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Karge Küste

In einem Gefängnis an der Ostküste Großbritanniens begeht eine Frau Selbstmord. Der Mord an einem jungen Mädchen, der ihr fälschlicherweise zur Last gelegt wurde, liegt zehn Jahre zurück. Das ist der Ausgangspunkt der Geschichte. Die etwas derb, allein lebende Kommissarin Vera Stanhope wird beauftragt gmeinsam mit einem Kollegen den Fall nach all den Jahren aufzuklären. Das gibt der Autorin Gelegenheit, die handelnden Personen und ihre Lebensgeschichten zu beschreiben. Dabei gelingen beeindruckende Schilderungen von Menschen. Einige der Protagonist_innen sind Lotsen, die große Handelsschiffe aufs offene Meer begleiten. Dieses Milieu und die Atmosphäre im Dorf an der Küste werden plastisch geschildert und bilden den Hintergrund, vor dem die Kommissarin mit ihrem Mitarbeiter langsam die großen und kleinen Geheimnisse der Menschen enthüllt, bis endlich zum Vorschein kommt, was vor zehn Jahren geschehen ist. Der Autorin gelingt es, durch Rückblenden und Perspektivenwechsel die Spannung bis zum Schluss zu halten. Erna Dittelbach
 
Ann Cleeves: Opferschuld. Roman. Übersetzt von Stefanie Kremer. 422 Seiten, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2011 EUR 10,30

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Rügen sehen und sterben

Antonia Babe, die nach ihrem Psychologiestudium bei der Hamburger Detektei Findevogel und Freese zu arbeiten begonnen hat, erhält den Auftrag, den Tod von Karin Mönkeberg zu untersuchen. Diese war als bislang letzte von drei urlaubenden Frauen am geheimnisvollen Opferstein auf der malerischen Ostseeinsel Rügen zu Tode gekommen. Waren es Unfälle unvorsichtiger Touristinnen, die nicht mit Steinschlag am Kliff gerechnet hatten? Oder doch etwa Mord, wie Antonias Auftraggeber, der reiche Geschäftsmann Dr. Mönkeberg, vermutet? Antonia lebt sich schnell auf der Insel ein, verschenkt ihr Herz und erfährt mehr und mehr über die Bewohner_innen, ihre Verstrickungen und Verfeindungen. Sie stellt dabei fest, dass der Tod aller drei Frauen anderen Personen gelegen kam und von Unfällen keine Rede sein kann. Die Detektivin ist ein amüsanter Charakter, unvoreingenommen, neugierig und unerschütterlich. Die restlichen Protagonist_innen bleiben ein wenig hinter ihr zurück, was der kurzweiligen Geschichte jedoch nur wenig Abbruch tut. Dieser Küsten-Krimi liest sich sehr schnell und ist durchwegs unterhaltsam. Genau das Richtige also für einen Nachmittag im Strandkorb oder einen Abend vorm Kamin. Susanne Oechsner
 
Heidi Schumacher: Opferstein. Küsten-Krimi. 175 Seiten, Emons Verlag, Köln 2011 EUR 10,20

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Hello Kitty muss sterben

Knallrosa Umschlag. Hello-Kitty-Totenkopf am Cover. Der Titel. Irgendwie cool. Und dann fängt noch alles mit dem fehlenden Jungfernhäutchen an. Sehr lustig, sehr spritzig, sehr schnell. Bissi rotzig. Aber dann wird es ernst, denn jede_r muss sterben. Also warum nicht gleich? Fiona ist eine gelangweilte Spitzenjuristin, die ein wenig mit ihrem Frausein kämpft. Ihr Jungfernhäutchen zerstört sie lieber selbst, denn, wenn es so kostbar und für ihre Ehre verantwortlich ist, dann sollte sie es sich nicht von jemand anderem nehmen lassen. Sie stammt aus einer traditionell chinesischen Familie, ihre Eltern erwarten von ihr stumm und emotionslos (wie Hello Kitty ohne Mund!) zu sein und einen chinesischen Mann zu heiraten. Letzteres soll möglichst schnell passieren, weshalb ihr Vater Treffen mit Männer verabredet. Widerstand ist zwecklos. Lippenstift ist Pflicht. Aus dieser Situation scheint Sean, ein alter Schulfreund, der sich vom Außenseiter zum eleganten Serienkiller gemausert hat, zu retten. Jenny Unger
 
Angela S. Choi: Hello Kitty muss sterben. Roman. 283 Seiten. Luchterhand, München 2010 EUR 15,50

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Untertage

Auch in Ingrid Hedströms drittem Villette-Krimi erzeugen die bewährten Ingredienzien aktueller Mordfall mit Wurzeln in der Vergangenheit Spannung. Diesmal hat Untersuchungsrichterin Martine Poirot mit dem Mord an einem Journalisten zu tun, der über ein Grubenunglück in den 1950er Jahren recherchiert hat, was ihn auch auf die Spur eines erfolgreichen Unternehmers bringt, der immer wieder im Dunstkreis zumindest unethischer Machenschaften auftaucht, der sich aber strafrechtlich immer aus der Affäre ziehen kann. Vertuschung, Korruption, Betrug mit Förderungen sind mit im Spiel. Poirot leitet mutig die Ermittlungen, obwohl sie schon sehr bald persönlich bedroht wird. Für Realistinnen vielleicht etwas viele „zufällige” Verbindungen zwischen dem Fall und den Stammfiguren der Geschichte, aber durchaus suchtgefährlich! ESt
 
Ingrid Hedström: Die Gruben von Villette. Roman. Übersetzt von Angelika Gundlach. 403 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2011 EUR 10,30

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Kriminalfall im Mittelalter

Im Jahr 1273 zieht die Ärztin Anna von Nikaia nach Konstantinopel, um ihren Zwillingsbruder zu entlasten, der wegen der Ermordung eines hohen Adeligen verurteilt und lebenslang in ein Kloster verbannt wurde. Da ihr als Frau viele Zugänge verwehrt würden, verkleidet sie sich als Eunuch und es gelingt ihr, als Arzt rasch das Vertrauen von gewichtigen Persönlichkeiten aus Adel, Kirche und Politik zu gewinnen. Intrigen um politische und religiöse Macht beherrschen das Leben in Konstantinopel. Adelige Familien versuchen den Kaiser von Konstantinopel zu stürzen, der Papst will seinen Einfluss vergrößern und droht mit Plünderung und Vernichtung der Stadt durch Kreuzfahrer. In der Schilderung all dieser Wirrnisse und Verschwörungen gerät das ursprüngliche Ziel, den Bruder zu befreien, immer wieder in den Hintergrund. Durch die Fülle an Ereignissen und Handlungsebenen kann auch für historisch interessierte Leserinnen bei der Lektüre dieses Buches die Geduld auf eine harte Probe gestellt werden. Dass sich Anna — alias Anastasios — dann auch noch in einen Protagonisten der Machtintrigen verliebt, scheint übertrieben und konstruiert. Angela Schwarz
 
Anne Perry: Die dunklen Wasser des Todes. Roman. Übersetzt von K. Schatzhauser. 704 Seiten, Heyne Verlag, München 2011 EUR 20,60

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