Auf dieses Beziehungssex-Ideal bezog sich
Marta Emmenegger, die erste Schweizer
Sexratgeberin von 1980 bis 1996 in ihrer RatgeberKolumne Liebe Marta, welche in der BoulevardTageszeitung Der Blick erschien. Das Buch befasst
sich mit der Arbeitsweise der Ratgeberin. Einleitend
analysiert es die Mediensituation, in der die
Boulevardzeitung erschien, die Situierung der Kolumne
innerhalb des Blicks sowie die Arbeitsweise
und die Person der Ratgeberin. Danach widmet
sich die Arbeit der Analyse der Ratgesuche und deren
Beantwortung. Dabei werden die Normierungen
und Diskursivierungen von Sexualität, die Marta
Emmenegger aufgriff und fortschrieb, aufgezeigt.
Stets in einen Beziehungsrahmen eingebettet, wurden
verschiedenste Themen von erster Liebe, Ehe,
Gesundheit und vieles mehr behandelt. Das Ziel
war eine Optimierung der Beziehung durch Sex.
Als Optimierungspraktiken schlug die Liebe Marta
Körper- und Psychotechniken vor, die zur Verbesserung
der Marke Ich und darauf aufbauend
der Beziehung (und dem Sex) dienen sollten.
Das Buch schildert breit die Arbeit von Marta Emmenegger,
wohl anschließend an einen Beitrag der
Autorin Annike Wellmann in Fragen Sie Dr. Sex!
(Hg. u.a. Peter-Paul Bänziger). Die Theorie ist ohne
Vorkenntnisse schwer zu erfassen im Gegensatz
zu den anschaulichen Beispielen, deren Auswahl
leider etwas unklar bleibt. Auch muss auf eine vermutlich
spannende Rezeptionsaufarbeitung auf
Grund der wissenschaftlichen Fragestellung verzichtet
werden.
Barbara Hamp
Annika Wellmann: Beziehungssex. Medien und Beratung
im 20. Jahrhundert. 299 Seiten, Böhlau Verlag, Köln Weimar-Wien2012 EUR 35,90
Preciados Analyse der Nachkriegsgesellschaft
US-Amerikas zeigt auf, wie der Wandlungsprozess
vom Männerbild à la Mies van der Rohe und seiner
transparenten Architektur zu spielerischer Maskulinität
und Transparenz durch permanente Videoaufzeichnung
vollzogen wurde. Die Rollenbilder
der Vorstadtfamilie wurden sowohl von feministischen
Bewegungen, die gegen das Gefängnis der (damaligen)
Frau kämpften, als auch von Hugh Hefner
angegriffen. Der Playboy propagiert Jazz, Drogen,
Ehebruch, vor allem technisierte Innenarchitektur
und bezieht durch die Darstellung nackter Frauen
Masturbation in die kultivierte Lektüre mit ein.
In der Playboy Villa sowie im Junggesellenappartement
sollte Arbeit zum Zeitvertreib werden und das
Mädchen von nebenan jederzeit verfügbar sein.
Im 4. Stock der Villa liegt ein kasernenartiges Internat
für Frauen, deren Frisur, Gang, Stimmlage
den Playboy-Verhaltensmaßregeln angepasst sind,
und deren Zwangsjacke durch Häschenohren ersetzt
wurde. Der Pop-Fürst waltet einen Stock tiefer
auf seinem rotierenden Bett, konsumiert haufenweise
Amphetamine und wandelt die neu erschaffene
Häuslichkeit in ununterbrochen überwachtes,
Kapital bringendes Spektakel. Foucault
liegt nahe, flexible kapitalistische Kontroll- und
Produktionsformen und der Mythos Playboy leben
in verschiedensten subtilen und offenen Formen
bis heute weiter. Andere im Buch herangezogene
Vergleiche sind etwas problematisch.
Bedabi
Beatriz Preciado: Pornotopia. Architektur, Sexualität
und Multimedia im Playboy. 168 Seiten, Verlag Klaus Wagenbach,
Berlin 2012 EUR 25,60
Konzeption und Rezeption von Frauenpornos
sind das Forschungsinteresse dieser Arbeit.
Nach einem einführenden Theorieteil über Pornografie,
Sexualitäten und Ästhetik kommt Verena
Kuckenberger auf den Frauenporno zu sprechen.
Frauenporno im Sinne des Buches ist Pornografie,
die für heterosexuelle Frauen gemacht ist. Es wird
ausschließlich dieses Genre betrachtet und untersucht.
Anhand von wissenschaftlichen Ergebnissen,
Interviews mit Produzentinnen und des Heranziehens
von Kriterien einiger feministischer Pornofilmpreise
werden von der Autorin eigene Kriterien
für den Frauenporno erarbeitet und im empirischen
Teil einer Prüfung unterzogen. Der empirische
Teil besteht aus einer Inhaltsanalyse von Ausschnitten
aus fünf sehr verschiedenen Filmen
durch zwölf Probandinnen. Der umfangreiche Fragebogen
an die Probandinnen ist im Anhang des
Buches zu finden. Die zuvor aufgestellten Kriterien
als Abgrenzung zur Mainstream Pornografie werden
teils bestätigt, teils überwiegen auch andere,
vor allem subjektiv empfundene Aspekte der untersuchten
Szenen. Das Buch bietet keine allgemeine
Einführung in die Thematik von Frauenpornos
oder feministischer Pornografie, sondern versucht
primär einem wissenschaftlichen Anspruch anhand
einer konkreten Analyse zu folgen.
Sarah Reisenbauer
Verena Chiara Kuckenberger: Der Frauenporno . Alternatives
Begehren und emanzipierte Lust? 161 Seiten,
Löcker, Wien 2011 EUR 16,80