„...denn in seinem Leben ist man vierundzwanzig Stunden am Tag zu Hause“. Auch auf Reisen. Ob in der Großstadt oder der Weite der Anden, die Nachrichten an den daheimgebliebenen Liebsten sind sprachgewaltig, dichte Betrachtungen des Lebens in äthiopischen Straßen, an den Grachten Amsterdams oder in vietnamesischen Hängematten. Spuren von Vergangenem haben da genauso Platz wie das unmittelbare Reflektieren des Erlebten und schaffen vereint Berichte zum Angreifen die mal vom Elend, mal vom Absurden sprechen. Ergänzt wird die sinnliche Poetik des Textes durch eine Reihe von unterwegs aufgenommenen Fotos, Details, die Schönes entdecken lassen, wo es kaum vermutet wird. Wer einer auf Reisen folgen will, die Bilder aufsammelt, um sie vor dem Verschwinden zu bewahren, ist in „Die Welt ist meine Innerei“ gut aufgehoben.
bw
Valerie Fritsch: Die Welt ist meine Innerei. Reisebriefe und Bilder. Reisebericht inkl. 64 Bildtafeln in Vierfarbdruck. 224 Seiten, Septime, Wien 2012 EUR 24,90
Auf den ersten Blick könnte der Kontrast nicht größer sein: Im Gedichtband Nauz (zu Deutsch „Futtertrog“) der ladinischen Lyrikerin Roberta Dapunt stehen Gedichte neben äußerst prosaischen Fotos vom Sauschlachten in all seinen Stadien. Die lyrischen Momentaufnahmen bäuerlicher Existenz in Südtirol macht frau, wenn der mit Arbeit und Geschäftigkeit erfüllte Alltag es zulässt: im Dunkel und in der Einsamkeit der Nacht, an der Schwelle des Schlafes, denn die Arbeit „lässt Träume verdorren“. Der Tod der Kreatur als Voraussetzung für das menschliche Überleben drängt sich in Wort und Bild auf, wird der Unsichtbarkeit und Verdrängung entrissen und gegenwärtig. Gleich den Tieren, die wir verzehren, sind auch die Menschen nur vorübergehende „Pächter auf Erden“. Selbstversorgende Landwirtschaft ist jedenfalls eine andere Ökonomie als jene, in die das Leben der meisten, in Städten lebenden Menschen eingebettet ist, das weit weg andere Tode und anderes Elend erzeugt. Die äußerlich unspektakuläre bäuerliche Existenz bietet demgegenüber kaum Erzählenswertes und ist dabei selbst eine „verendende“. Dasselbe gilt für die ladinische Sprache, die Sprache einer „Minderheit in der Minderheit“, die noch von annähernd 30.000 Personen in der Region östlich von Bozen gesprochen wird. Eine Lektüre für LeserInnen jenseits des Mainstreams, die sich in Fragen menschlicher Existenz kontemplativ vertiefen und auf die unerwarteten Sichtweisen einlassen wollen, die die Sprache der Lyrik eröffnet.
Hilde Grammel
Roberta Dapunt: Nauz. Gedichte und Bilder. Ladinisch und deutsch. Übersetzt von Alma Vallazza. 77 Seiten, Transfer Bibliothek, Folio Verlag, Wien-Bozen 2012 EUR 22,90