GeschichteAktuelle Ausgabe: Geschichte

Jüdische Frauenvermögen

Auf Basis einer Stichprobe von jüdischen Unternehmerfamilien untersucht Sonja Niederacher die Zusammensetzung des Vermögens von Männern und Frauen von 1900-1960. Die Historikerin widmet sich einkommensrelevanten Ereignissen wie Erbschaft und Heirat, einem Fallbeispiel der Familie Kotányi sowie Restitutionsmaßnahmen. Die beobachteten Unterschiede der Vermögensstruktur von Männern und Frauen können den Rückschluss, dass es sich beim Eigentum von Frauen (Schmuck und Grundbesitz) um passives oder weniger gewinnbringendes Kapital handelt, nur zum Teil unterstützen. Wie die Autorin erwähnt, steigt gerade in Wirtschaftskrisen die Nachfrage nach Immobilien bzw. Gold und somit deren Rendite. Deshalb kann die Frage, ob die beobachtete Struktur einen ökonomischen Vor- oder Nachteil birgt, für zukünftige Forschungsprojekte, unter Einbeziehung des Risikobegriffs, offen bleiben. Aus Sicht der rezensierenden Ökonometrikerin zeigen sich kleinere Defizite im quantitativen Teil. Mit dem vorhandenen Datenmaterial wäre es möglich gewesen, über die Auswertung von Mittelwerten hinauszugehen. Ebenso mag die Entscheidung, nur nominelle Werte anzuführen, für eine Dissertation sinnvoll erscheinen, der Kompromiss einer zusätzlichen Umrechnung in reale Eurowerte hätte aber der Leserin ein besseres Gespür für die erwähnten Zahlen ermöglicht. Im Gegensatz dazu zeigt die Arbeit ihre Stärke darin, Geschichte (an)greifbar zu machen und fesselt mit Einblicken in die Situation von jüdischen Familien, insbesondere dem Selbst- und Fremdverständnis von vermögenden Frauen. Karina Knaus
 
Sonja Niederacher: Eigentum und Geschlecht. Jüdische Unternehmerfamilien in Wien (1900-1960). 256 Seiten, Böhlau Verlag, Köln-Weimar-Wien 2012 EUR 39,00

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