Im Rahmen ihrer Promotion beschäftigt sich Petra Brzank mit möglichen Faktoren, die das Hilfesuchverhalten von Frauen, die von PartnerInnengewalt betroffen sind, befördern oder behindern. Einer zusammenfassenden Diskussion von internationalen Studienergebnissen und Veröffentlichungen zum Thema Gewalt gegen Frauen folgt eine weitreichende und ausführliche quantitative Sekundärdatenanalyse basierend auf den Daten der repräsentativen Dunkelfeldstudie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland” aus dem Jahr 2004 (Müller&Schröttl). Da repräsentative Untersuchungen zum Thema Gewalt gegen Frauen bisher in Deutschland fehlen, wird bei den Forschungsfragen und Arbeitshypothesen vor allem auf die Ergebnisse qualitativer Untersuchungen Bezug genommen. Eine verbreitete Annahme ist, dass Migrantinnen häufiger von Gewalt betroffen sind und seltener psychosoziale Hilfe in Anspruch nehmen. Diese wie viele andere kolportierte Annahmen werden durch die Ergebnisse nicht unterstützt. Die Analyse der Daten zeigt deutliche Erkenntnispfade. Gleichzeitig zeigt die Autorin die anhand ihrer Forschung sichtbar werdenden Probleme mit nicht methoden- und themenspezifisch erhobenem Datenmaterial sowie die Grenzen von quantitativen Analyseinstrumenten auf. Für weitere Erkenntnisse wären aber differenziertere Datenerhebungen und Analysen zum Thema PartnerInnengewalt notwendig.
Katja RussoDer Sammelband vom Gender Initiativkolleg diskutiert die Erweiterung des Gewaltbegriffes aus einer queer feministischen Perspektive, sowie die Möglichkeit der Handlungsmacht und Agency. Die Verhandlung dieser Begriffe passiert nicht nur in einem theoretischen, sondern auch in einem methodologischen Sinne. Jedem Artikel steht eine dialogische Respondanz, welche kritisiert oder vertiefend agiert, gegenüber. Der erste Themenkomplex beschäftigt sich mit der Infragestellung wissenschaftlicher Analysekategorien und der Reproduktion von Ungleichheitsverhältnissen (Isabell Lorey). In weiterer Konsequenz wird der Begriff der Intersektionalität eingeführt, wobei dieser zur Destabilisierung von nicht länger oder vielleicht noch nie zutreffenden Kategorien dienen soll (Katherina Maly). Des Weiteren ist die Forderung nach der kritischen Untersuchung von queer feministischer Wissensproduktion auf Rassismen zu stellen (Jennifer Petzen, Anna Böcker). Hierdurch wird die Aneignung von theoretischen Errungenschaften und Erfahrungen von People of Colour durch weiße Theoretiker_innen deutlich, die mit der Unsichtbarmachung von PoC-Positionen einhergeht. Kritisch ist der Beitrag über männliche Vergewaltigungsstrategien im Krieg (Rolf Pohl) zu betrachten, da das Plädoyer für den Begriff der sexuellen Gewalt die Realität der Täter in den Vordergrund rückt. In den Beiträgen zu Gewalt von Diskursen über Migration und Grenzen wird klar, dass europäischer Kolonialismus die heutige politische Ordnung erschaffen hat und somit auch verantwortlich für die derzeitigen Migrationsströme (Mona Singer) ist. So sollte Migration als widerständige Praxis gedacht werden, die sich gegen eine konkrete Art und Weise, regiert zu werden, stellt (Josef Barla).
Vita Morgen