Margaret Yardley Potter begann ihr Leben als reiche Tochter, heiratete einen Anwalt, trennte sich, die Familie verarmte, sie wurde alkoholkrank, und die ganze Zeit über kochte sie leidenschaftlich gern und gut für ihre Familie und viele GästInnen, und sie arbeitete als Kochjournalistin. Ihr Kochbuch schrieb sie in den 40er-Jahren, lange vor der bekannten US-Fernsehköchin Julia Childs, es wurde damals auch publiziert und geriet dann – bis heute – in Vergessenheit. Dabei ist es ein wirklich kulinarisch reizvolles und lustig geschriebenes literarisches Werk, in dem „Gima”, wie ihre Urenkelin Elizabeth Gilbert sie nennt, immer wieder mal dezent an den Werten der Hausfrauenrolle kratzt, und der damals aufkommenden Convenience Food-Industrie eine deutliche Abfuhr erteilt. Die Rezepte selber sind der damaligen Zeit und den USA entsprechend (Nieren-Stew zum Frühstück und gekochte Salatdressings…), es sind aber auch spannende Fundstücke darunter wie ein Pizzateig-Rezept der Eigentümerin ihres italienischen Lebensmittelgeschäftes oder sehr alte Keksrezepte. Manche Rezepte, die heute vielen AlltagsköchInnen erfahrungsgemäß zu aufwändig sind (Stichwort selbst gemachte Sauce Hollandaise), stellt sie als wirklich leicht zuzubereiten dar. Ihre Vorstellungen, wie eine gute Vorbereitung auf eventuell eintreffende WochenendgästInnen aussehen sollte, damit frau auch noch Zeit hat mit den Leuten zu plaudern und sie trotzdem drei Tage voll verpflegen kann, ist auch nicht ohne. Für Kochbuchfans jedenfalls ein genüssliches Muss!
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Elizabeth Gilbert präsentiert: Am Herd daheim. Das Koch- und Hausbuch ihrer Urgroßmutter Margaret Yardley Potter. Übersetzt von Maria Mill. 318 Seiten, Bloomsbury, Berlin 2012 EUR 23,70
In 20 Kurzporträts werden Frauen vorgestellt, die unabhängig irgendwelcher Klischees gerne kochen – manche professionell, manche für sich und ihre Liebsten. Geordnet ist diese Sammlung von 100 Rezepten nach den fünf Kontinenten, aus denen die jeweils 2-5 Frauen stammen, deren Kreationen beschrieben werden. Allerdings sind diese nationalen Zugehörigkeiten meistens gebrochen durch Herkunft aus oder Verbundenheiten zu mehreren Kulturräumen – das Kochen steht dabei stets für den mal sehnsüchtigen, mal geliebten und kreativen Umgang damit, auch die Kontexte der Gerichte werden kurz erzählt, häufig nennen Frauen weibliche Traditionen der Weitergabe von Wissen und Handgriffen. Die Rezepte von Parmesanchips über Eitaschen aus der Kochkelle hin zu Kuchen und Cremes stellen pro Köchin ein komplettes Menü dar, sind gut beschrieben und einfach nachzukochen. Wer allerdings totes Tier vermeiden möchte, muss sich mit wenigen Ausnahmen auf einige Vorspeisen und die Desserts konzentrieren. Das Kochbuch ist originell illustriert, Fotos finden sich von den Frauen, nicht vom Gekochten. Die kreative Aufmachung entspricht der vermittelten Stimmung lustvoller Essenzubereitung durch leidenschaftlich kochende Frauen.
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Cécile Maslakian, Silke Klemt: Die Küche der Frauen. 100 Rezepte aus fünf Kontinenten. Übersetzt von Claudia Steinitz. Fotos von Isabelle Rozenbaum. 192 Seiten, Gerstenberg, Hildesheim 2013 EUR 20,60
Wie denn bitte essen, wenn die Liebe fort ist? Inge Fasan hat sich daran gemacht, genau dies zu erkunden. Herausgekommen ist ein Kochbuch oder vielmehr ein Sammelband (mit Fußnoten!), der all das beinhaltet, was das gebrochene Herz begehren könnte, um wieder heil zu werden, Stück für Stück, Bissen für Bissen, Schluck für Schluck. Der Band ist weit von der traditionellen Kochbuchabfolge Vorspeise, Hauptspeise, Dessert entfernt: In den Kapiteln mit den sprechenden Titeln Trösten, Bluten, Verarbeiten, Dürsten, Bersten, Füllen, Versorgen, Nähren und Einverleiben leuchten neun Autor_innen die Phasen des Abschiednehmens aus sowie alimentäre Symbolik, Liebeskummer und historische Gegenmittel oder auch die immense Wichtigkeit der Konsistenz dessen, was sich einverleibt wird. An die Betrachtungen schließen passende Rezepte an, beispielsweise Herzen unterschiedlicher Vegetarier_innentauglichkeit, weiches Comfort Food als Trostspender oder das richtige Getränk für die gerade aktuelle Phase. Dass der Text von Margot Fischer von dem Hinweis eingeleitet wird, Frauen seien in Ermangelung einer „vernünftigen genderneutralen Endung” mitgemeint, wäre entbehrlich gewesen. Davon abgesehen ein kluges und humorvolles Buch, das die Liebeskummergeplagten ernst nimmt und gewiss den Herzheilungsprozess gut unterstützen wird. Der nächste Liebeskummer kann kommen ... möchte die Rezensentin fast sagen.
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Eat Hate Love. 192 Kochanleitungen bei Liebeskummer. Hg. von Inge Fasan. Illustriert von Linda Wolfsgruber. 224 Seiten, Mandelbaum Verlag, Wien 2013 EUR 24,90