Die Autorin kommt aus der Praxis (Unterrichtstätigkeit, Schulbibliothek), ist in der Lehrer_innenaus- und -Fortbildung tätig und arbeitet im Bereich der Lesedidaktik wissenschaftlich. So vielfältig wie diese Ausgangspunkte sind die Themen des Buches. Neben Begriffsklärungen („Was ist Sachliteratur?”, „Was meint Transdifferenz?”, „Wie wird Geschlecht konstruiert?”...), historischen Exkursen, Analysen, inwieweit Sachtexte und Sachbücher zur Geschlechterkonstruktion beitragen, finden sich auch didaktische Perspektiven und zehn Thesen zu einer transdifferenten, identitätsorientierten und geschlechtssensiblen Lesedidaktik. Der Autorin geht es darum, „den Zusammenhang zwischen Geschlecht, Schicht und Lesesozialisation in Bezug auf Lesekompetenz und Lesemotivation zu untersuchen”. Sie geht auf die Ebene der Schüler_innen ebenso ein wie auf die Bedeutung der Lehrer_innen und des gesellschaftlichen Umfelds, um zu einer „Erweiterung der Lektüren und Handlungsspielräume über die zweigeschlechtlich konstruierten Leseräume hinaus” beizutragen. Sie widmet sich dabei der Situation in Österreich und bietet Lehrer_innen, Sachbuchautor_innen und allen, die mit Leser_innen im Kindes- und Jugendalter zu tun haben, vielfältige Anregungen zur Reflexion.
Renate Tanzberger für den Verein EfEU
Gabriele Fenkart: Sachorientiertes Lesen und Geschlecht. Transdifferenz – Geschlechtersensibilität – Identitätsorientierung. 258 Seiten, Beltz Juventa, Weinheim 2012 EUR 41,10
Genderkompetenz hat sich in den letzten Jahren als neuer Begriff für etwas etabliert, das Menschen haben sollten – so auch Lehrer_innen. Im Tagungsband „Genderkompetenz in pädagogischer Interaktion” sind neun Aufsätze versammelt, die einzelne Fragestellungen aus erziehungswissenschaftlicher Sicht und mehrere Projekte aus der schulischen Praxis vorstellen. Hier zeigt sich einmal mehr, wie engagiert viele Lehrer_innen (in Deutschland) ihrem Beruf nachgehen und versuchen, Gender im Unterricht produktiv einzubeziehen. Die Reflexion über den schmalen Grat zwischen der Beachtung von Geschlecht und seiner neuerlichen Dramatisierung findet vielfach Eingang. Die Zusammenstellung des Bandes, Lektorat und Begriffsschärfe lassen ein wenig zu wünschen übrig. „Genderkompetenz”, „Geschlechtssensiblität”, „Geschlechtergerechtigkeit” und „Gender und kultureller Hintergrund ... als individuelle Lernvoraussetzungen” stehen lose nebeneinander, die zitierte Fachliteratur ist teils hinterfragbar. Geschlechterverhältnisse in der Praxis verändern zu wollen, ohne die Zugangsweise zu „Gender” zu definieren, bleibt unscharf, der Einbezug von z. B. Angelika Wetterers aufschlussreichen Überlegungen zu Verhältnis und Anwendbarkeit von Geschlechterwissen, feministischer Theorie und Genderkompetenz hätte die Diskussionen vertiefen können. Das schmälert nicht das beeindruckende Interesse und Bestreben vieler Lehrer_innen und Wissenschaftler_innen in der Praxis, sodass eine Weiterführung der Überlegungen jedenfalls erstrebenswert ist.
mel
Genderkompetenz in pädagogischer Interaktion. Hg. von Ulrike Stadler-Altmann. 193 Seiten, Verlag Barbara Budrich, Opladen-Berlin-Toronto 2013 EUR 23,60