Hurra, ein lesbisches Jugendbuch! Dies ist die Geschichte von Lana (17) und Mira (22), die sich in einer deutschen Kleinstadt kennenlernen.
Mira, verwegen mit wasserstoffblondem Iro, wird gemütserfreuend als heiße Butch beschrieben. Dass Lana, eine 17-jährige
Schülerin, von Miras Gender-Performance verwirrt ist (und vor allem auch von ihrer körperlichen Reaktion darauf), ist
verständlich, wird aber leider wenig aufgelöst. Die jugendliche Leserin bleibt vermutlich mit Fragen zu Coming Out und
Sexualität etwas im norddeutschen Novemberregen stehen, aber nicht alle Jugendbücher müssen junge Leute an der Hand
nehmen. Was mich sehr gestört hat, nachdem ich mich endlich mit der schnoddrigen Sprache angefreundet habe, ist, dass Miras
missglückte „Beziehung“ mit ihrem Chef in der KFZ-Werkstätte nicht als Machtmissbrauch benannt wird. Wie dem auch
sei, das Buch liest sich spannend, die Story geht gut rein und die Mädels wissen dann doch genau, wo sie hin wollen...
Karin Schönpflug für den Lila Tipp
Julia Dankers: Herzkasper. 232 Seiten, Ulrike Helmer Verlag, Sulzbach/Taunus 2013 EUR 15,40
In „über ein Mädchen“ erzählt die australische Autorin die Liebesgeschichte zwischen den beiden jungen Frauen
Anna und Flynn. Anna arbeitet in einer Buchhandlung, Flynn jobbt in einem Kaffee, aber eigentlich schreibt sie Songs und tritt als Sängerin
auf. Anna hört Flynn bei einem Auftritt singen und ist hin und weg. Durch Zufall treffen die beiden wenig später aufeinander, kommen
ins Gespräch, trinken Tee, verlieben sich. Doch eigentlich kennen sie einander nicht, jede der beiden trägt an einer großen
Bürde aus der Vergangenheit, über die sie aber nicht miteinander sprechen können. Romantik und Tragik liegen nahe beieinander
in diesem Buch. Doch das Ende ist ein Aufbruch, der Hoffnung macht. Das Leben hat grade erst begonnen.
ESt
Joanne Horniman: über ein Mädchen. Roman. übersetzt von Brigitte Jakobeit. 224 Seiten,
Carlsen Verlag, Hamburg 2013 Ab 14 J. EUR 16,40
Sonja Eismann, Chris Klöver und Daniela Burger, alle drei Herausgeberinnen des Missy Magazines, haben mit „Glückwunsch,
du bist ein Mädchen!“ die ultimative Ratgeber*in für Mädchen – oder wie sie es nennen „Eine Anleitung zum
Klarkommen“ geschrieben. Die Hauptkapitel tragen die überschriften: Mädchen sein, Freundschaft und Mädchensolidarität,
Körper und Schönheit, Mode, Sexualität, Sport. Darin verbirgt sich jede Menge Info, Selbstermächtigung, Selbstvertrauen,
Feminismus, Spaß, Lust, Nachdenklichkeit, Bestätigung... Die wichtigste Botschaft dabei immer „Sei du selbst!“. Es
wird erklärt, warum Mädchensein keine biologische Bestimmung ist und jede Spielraum hat, ihre „Rolle“ auch abseits
gesellschaftlicher Erwartungen zu spielen. Dabei werden nicht einfach neue, vermeintlich einfache Regeln aufgestellt wie in vielen
Jugendmagazinen üblich, nach dem Motto „Lerne deinen Körper kennen, dann hast du besseren Sex“, sondern es werden ganz
konkrete Denkanstöße gegeben, über das eigene Leben zu reflektieren und Handlungsoptionen zu entwickeln. Es gibt Hinweise auf
geschichtliche Zusammenhänge, auf feministische Diskurse, auf Rolemodels ohne je besserwisserisch oder theoretisch zu werden. Ein ganz
wunderbares Buch, bei dessen Lektüre ich mir oft gedacht habe: „Wow, hätte mir das eine doch vor 25 Jahren auch so gesagt!“
ESt
Sonja Eismann, Chris Klöver und Daniela Burger: Glückwunsch, du bist ein Mädchen. Eine Anleitung zum Klarkommen. 152 Seiten, Beltz & Gelberg,
Weinheim-Basel 2013 Ab 11 J. EUR 17,50
In diesem Buch wurden echte Tagebucheintragungen von Jugendlichen veröffentlicht. Da die Einträge von Kindern jeden Alters
geschrieben wurden, finde ich es schwer zu sagen, für welches Alter es geeignet ist. Beispielsweise gibt es Themenbereiche wie Sex
und Alkohol, die ältere Jugendliche interessieren, jüngere aber erschrecken könnten. Schade ist auch, dass die Einträge
nicht nach ihren AutorInnen, sondern nach Themen geordnet sind. Ich denke, so könnte man die SchreiberInnnen besser kennen lernen und
ihren Einträgen einen größeren Zusammenhang abgewinnen. Themenbereiche, die im Buch vorkommen, sind beispielsweise: Mein
erster Freund, Familienkrise ...
Abschließend möchte ich sagen, dass ich es trotz aller Mängel doch sehr lustig fand, die Tagebucheinträge von
anderen Menschen zu lesen, die teilweise so anders sind, als ich selber bin.
Wanda Perner, 13 Jahre
Ella Carina Werner und Nadine Wedel: Ich glaube, ich bin jetzt mit Nils zusammen. Das Beste aus wieder
ausgegrabenen Jugend-Tagebüchern. 258 Seiten, Fischer Scherz, Frankfurt/M. 2013 EUR 15,50
Zara bewundert „Die rote Zora“ und erinnert sich vor allem in schwierigen Lebenssituationen einzelner Passagen aus diesem
Buch, um sich wieder stärker zu fühlen. Um das Schreiben eines „Zara-Zora-Songs“ dreht sich die Geschichte dieser
11-Jährigen, die sich nichts gefallen lässt und damit schon mal zu weit geht. Ihr geliebter Papa arbeitet neuerdings in Paris
und ist fast nur über SMS erreichbar, während ihre (etwas zu lange gar doof dargestellte) Mutter mit Heulen, Yoga und Zaras
„außergewöhnlichem“ Bruder Jonnie beschäftigt ist, von dem „die Ärzte sagen, er habe
Down-Syndrom“ – für Zara ist er ihre „liebste Lachsonne“. In der Schule gibt’s eine blöde Kuh, einen
schleimigen Neuen, schwierige Lügen, Diskriminierung von Jonnie, außerhalb davon Perihan, Schokolade und einen chaotischen
Onkel. Sehr gut und in altersgerechter Sprache lässt sich mit Zara mitfühlen, wie kompliziert das Leben mit 11 sein kann, mal ist
sie fast erwachsen, mal ganz klein und arm, und dann spinnen alle peinlichen Erwachsenen um sie herum – schlussendlich gelingt aber
der Zara-Zora-Song!
mel
Ulrike Schrimpf: Zara. Alles neu. 240 Seiten, Aladin Verlag, Hamburg 2013 EUR 12,30
In diesem Buch geht es um ein Mädchen namens Anne von Rien. Sie will unbedingt Ritterin werden und kämpfen. Als Mädchen ist
ihr das aber nicht erlaubt. Mit Hilfe von Prinzessin Pulcinella, Tochter des Königs von Grünreich, tritt sie bei einem Turnier an.
Doch dann entwickeln sich die Dinge ganz anders als erwartet...
Ich finde, Anne ist ein sehr mutiges Kind, doch sie hat auch ihre schlechten Seiten. Sie ist zum Beispiel manchmal gemein, schlimm und sie
denkt nicht daran, welchen Schaden ihr Handeln verursachen kann. Am Anfang das Buches ist sie auch grob zu anderen Menschen. Doch sie wird
immer netter und verantwortungsvoller im Laufe der Geschichte.
Die Sätze sind nach meinem Geschmack ein bisschen zu lange und enthalten viele schwierige Wörter. Insgesamt finde ich es eine
spannende Abenteuergeschichte.
Isabella, 12 Jahre
Jennifer Kresitschnig: Anne von Rien. Das große Turnier. 252 Seiten, Biber & Butzemann, Schöneiche
bei Berlin 2013 EUR 20,60
In einem Vorwort beschreibt die Autorin, wie sie durch Zufall eine Frau kennenlernt, die ihr erzählt, wie sie als Baby den Holocaust
überlebt hat. Die Frau heißt Erika und die Geschichte, die sie in diesem Buch erzählt, ist bestürzend. Als sie wenige
Monate alt ist, werden ihre Eltern aus einem Ghetto nach Auschwitz deportiert. Sie ahnen, dass ihr Kind dort, wohin sie in Viehwaggons gebracht
werden, kein Leben erwartet und entscheiden sich zu einem sehr drastischen Rettungsversuch: sie werfen das Baby aus dem fahrenden Zug.
Tatsächlich nimmt sich eine Frau des Kindes an. Sie gibt ihm den Namen Erika und zieht es groß. Erika überlebt und findet
später in ihren Kindern und Enkelkindern Halt. Die großteils in schwarz-weiß gehaltenen, fotografieähnlichen Bilder
vermitteln eine düstere, angsteinflößende Stimmung. „Erikas Geschichte“ ist sicherlich ein hilfreiches Buch,
um mit Kindern erstmals über den Holocaust zu sprechen. Es macht klar, dass Ungeheuerliches passiert ist, und zwar schon lange bevor
die Züge in den Vernichtungslagern ankamen. Aber die Altersempfehlung des Verlages ab fünf Jahren scheint sehr niedrig. Spätes
Volksschulalter halte ich für angemessener. Immer ist jedoch die Begleitung durch Erwachsene notwendig.
ESt
Ruth Vander Zee: Erikas Geschichte. Illustriert von Roberto Innocenti. Übersetzt von Gabriel Haefs. 24 Seiten,
Gerstenberg Hildesheim 2013 EUR 17,50