Eva Geber, selbst langjährige Aktivistin der Frauenbewegung, hat ein neues Buch über kämpfende Frauen von Olympe de Gouges bis Anna Frey herausgebracht. Veröffentlicht wurden Texte, die Sozialdemokratinnen in der Arbeiter- und Arbeiterinnenzeitung über ihre kämpfenden Mitstreiterinnen geschrieben haben. Eva Geber hat im Anschluss an die jeweiligen Artikel Biografien zu den beschriebenen und schreibenden Frauen verfasst beziehungsweise die vorhandenen Biografien ergänzt.
Die sehr anspruchsvollen historischen Artikel zeugen von Bewunderung und Solidarität mit den frühen Feministinnen, aber es wird auch Kritik geäußert. Emma Adler kritisiert an Olympe de Gouges deren häufig, scheinbar nach Gefühlslage sich ändernden politische Ansichten, aber sie ist begeistert von deren Mut und Stärke, sich trotz fehlender Bildung ein unglaubliches Wissen zu erarbeiten. Es gibt viele ähnliche Beispiele in dem vorliegenden Band. Die biografischen Artikel faszinieren: Wenn sich auch die Sprache geändert hat, ist so vieles an dem, wofür Frauen in den letzten Jahrhunderten gekämpft haben, noch aktuell. Die Lebensbedingungen haben sich jedoch, zumindest hierzulande, geändert. Frauen haben viel weniger zu befürchten, wenn sie aufmucken, wenn sie Kritik an den herrschenden Verhältnissen üben. Und gerade deshalb stellt sich doch immer wieder die Frage, wieso es für viele der privilegierten Frauen so schwer zu sein scheint, wenigstens etwas unangepasster und aufmüpfiger zu sein. Angesichts der vorliegenden Textsammlung wird einer wieder einmal bewusst, dass es viel zu tun gibt.
Cordula Horvat
Eva Geber: „Der Typus der kämpfenden Frau“. Frauen schreiben über Frauen in der Arbeiter-Zeitung von 1900-1933. 202 Seiten, Mandelbaum Verlag, Wien 2013 EUR 19,90
Dies ist keine Biografie über die Person Angela Merkel, sondern eine kritische Betrachtung der deutschen Regierungspolitik seit Merkel Kanzlerin ist. Der Fokus liegt dabei sehr stark auf der Außenpolitik. Die Themen sind die bundesdeutsche Europapolitik, das Verhältnis zu den USA, Russland, Polen und Israel, aber auch die Integrations- und Familienpolitik.
Die Autorin Judy Dempsey ist Journalistin und war langjährige Auslandskorrespondentin der Financial Times. Sie lebt seit einiger Zeit in Berlin und arbeitet für den US-amerikanischen Think Tank Carnegie Europe. Sie hat die Politik der Bundeskanzlerin von Anfang an beobachtet und unterzieht diese nun einem Zwischenresümee. Dieses fällt äußerst negativ aus: Merkel nutzt ihre Macht und die vorhandenen Möglichkeiten kaum, sondern wartet lieber ab und trifft dann pragmatische Entscheidungen für jeweils akut anstehende Probleme und Entwicklungen.
Die Autorin blickt aus einem deutlich pro-US-amerikanischen und wirtschaftsnahen Blickwinkel auf die deutsche Außenpolitik. Auch wenn dieser Blick von außen ab und an durchaus spannende Aspekte aufweist, enthält das Buch aus linksalternativer, feministischer Sicht größtenteils schwerverdauliche Aussagen und Argumente.
Sara John
Judy Dempsey: Das Phänomen Merkel. Deutschlands Macht und Möglichkeiten. 201 Seiten, edition Körber-Stiftung, Hamburg 2013 EUR 16,45
Trans* wird im medizinischen Bereich noch immer pathologisiert, Trans*Personen als psychisch krank eingeteilt. Das DSM und der ICD, zwei international anerkannte Handbücher zur Diagnostizierung von (psychischen) „Krankheiten“ bzw. „Störungen“ sind nur ein Beispiel. Das DSM sollte 2012 eine neue Auflage bekommen, die einzelnen Diagnosen wurden schon vorher diskutiert und sollten umdefiniert werden – wie sich herausstellte nicht gerade zum Vorteil von Trans*Personen. Relativ schnell entstand eine aktive, internationale Bewegung: Stop Trans*-Pathologisierung 2012, kurz: STP 2012. Aber worum gehts da eigentlich? Das Buch, das bereits in der 2. Auflage erschienen ist, beschreibt Hintergründe, Kritik, Forderungen und Aktionen zu STP 2012. Die Beiträge verschiedener Autor_innen informieren zu Trans*, Pathologisierung, Psychiatrisierung und Widerstand, dazwischen finden sich immer wieder Flyer, Plakate und Fotos von Aktionen. Manche Artikel sind leider nicht immer ganz leicht zu lesen, ein bisschen Vorwissen sollte da sein. Dafür sind die Texte kurz, überschaubar und sehr informativ. Ein Buch also für alle, die sich für die Hintergründe der Stop Trans*-Pathologisierung 2012 interessieren und/oder (mehr) Argumente gegen Trans*Pathologisierung wissen wollen. Aber mehr dazu im Buch.
Persson Perry Baumgartinger
Stop Trans*-Pathologisierung 2012. Berliner Beiträge zu einer internationalen Kampagne. Hg. von Anne Allex. 103 Seiten, Edition trans*-action, AG-SPAK-Bücher, Neu-Ulm 2013 EUR 9,50
Anfang 2013 ging ein #aufschrei durch die Twitter-Community. Tausende Frauen veröffentlichten mit diesem Hashtag ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Sexismus. Initialzündung waren einzelne Meldungen, die den Hashtag #aufschrei kreierten und innerhalb kürzester Zeit war daraus eine (deutschsprachige) Twitter-Bewegung geworden. Das schlug sogar Wellen weit über das soziale Netzwerk hinaus: Sexismus war Thema in Diskussionsrunden in allen Medien und sogar politischer Handlungsbedarf gegen Sexismus stand kurzfristig auf der Agenda. Das vorliegende Büchlein ist nun eine Art schriftliche Nachschau der Initiatorinnen und BelgeiterInnen von #aufschrei. „Sexismus erlebt, erklärt und wie wir ihn beenden“ verspricht der Untertitel. Dass das auf 120 Seiten wohl kaum gelingen kann, ist klar. Tatsächlich sind die ersten drei Beiträge dann auch recht einfach gestrickt. Ein Text für Fortgeschrittene und als solcher sehr lesenswert ist der letzte Beitrag von Mithu M. Sanyal. Sie widmet sich etwas genauer der Sexismus-Definition, streift auch „new sexism“ und moderne, „unsichtbare“ Formen von Sexismus. Sie stellt auch klar, dass es bei der Sexismusdebatte nicht darum geht „Schuldige ausfindig zu machen, sondern es geht um eine andere Geschlechterkultur“. Das Buch zum #aufschrei ist eine gute Idee, frau hätte aber mehr draus machen können.
GaH
Yasmina Banaszczuk, Nicole von Horst, Mithu M. Sanyal und Jasna Lisha Strick: „Ich bin kein Sexist, aber...“ Sexismus erlebt, erklärt und wie wir ihn beenden. 120 Seiten, Orlanda Frauenverlag, Berlin 2013 EUR 10,30
Mittels Interviews, Flugblättern, Artikeln, inhaltlichen Entwicklungslinien werden die gesellschaftlichen Zusammenhänge und die Auseinandersetzung um Feminismus und Antifaschismus von Fantifa-Gruppen in Deutschland und vereinzelt auch in Österreich dargestellt. Ein Kapitel wendet sich auch dem Thema männlicher Perspektiven antisexistischer Antifa-Politik zu. Die Feministische Antifa wird als selbstverständlicher Teil der antifaschistischen Bewegung dargestellt und ihre Auseinandersetzungen als bereichernd für die Auseinandersetzung mit Faschismus, wie z.B. (Mit-)Täterinnenschaft von Frauen im Nationalsozialismus oder feministische Faschismusanalyse, wie die Bewertung, dass faschistische Ideologie immer auch patriarchale Ideologie ist; aber auch die Aktivitäten rechter Frauen und der gesellschaftliche Blick auf diese. Das Buch hinterfragt sexistische Denk- und Handlungsweisen und will feministische Perspektiven in aktueller antifaschistischer Politik diskutieren. Eine Kritik an der inhaltlichen Auswahl sehe ich darin, dass die Praxis von Gruppen, die im feministischen, antifaschistischen „Gedenken“ (z.B. Gedenkort Uckermark oder Mitarbeit in der Lagergemeinschaft Ravensbrück sowie FrauenLesbenWanderungen auf den Spuren der PartisanInnen) tätig sind, nicht eingebunden wurden. Diese Zusammenhänge können jedoch im Weiteren hergestellt werden. Das Buch ist (auch dafür) ein wichtiges, bewegendes und grundsätzliches Dokument für feministische und antifaschistische Praxen und Bewegungsgeschichte „von unten“.
Zora Roth
Fantifa. Feministische Perspektiven antifaschistischer Politik, Herausgeber_innenkollektiv. 196 Seiten, edition assemblage, Münster 2013 EUR 13,20
Unter einem Pseudonym erzählt Clara Morgen auf knapp fünfzig Seiten von ihrem intersexuellen Kind. Vor Franz(i)s Geburt hatte sie nie von Intersexualität gehört, Information mittels Internet war in den 1980ern noch Zukunftsmusik. „Unvorbereitet“ und „hilflos“ traf sie die Diagnose einer „inkompletten testikulären Feminisierung“ ihres Babys. Morgen berichtet von den folgenden Monaten und Jahren: Davon, wie Franzi ohne ihr Wissen aus der Frühchenstation geholt und einer Studierendenschar im Auditorium vorgeführt werden sollte, von der Selbstverständlichkeit, mit der Ärzte ihr Kind an Genitalien und Keimdrüsen operieren wollten, und vom bedrückenden Schweigen, das über Franzis „Schicksal“ lag. Morgens Schilderungen sind sehr persönlich, und der Moment, als Franzi sich erstmals öffentlich „outet“, ist auch in diesem schriftlichen Dokument noch rührend. Diesem Erfahrungsbericht hängt Clara Morgen auf den folgenden Seiten jede Menge Interviews an. Sie spricht mit intersexuellen Menschen, Wissenschaftler_innen, Aktivist_innen und Behandelnden. Sichtbar wird, dass sich zwar einiges im Bereich Intersex getan hat – es etablierten sich bspw. Selbsthilfegruppen, und mit der Offenheit über ihr „Zwischengeschlecht“ erfahren intersexuelle Kinder von ihrem Umfeld weit mehr Akzeptanz, als dies gemeinhin erwartet wird –, dass aber die dringendste Forderung intersexueller Menschen noch lange nicht umgesetzt ist: Ein gesetzliches Verbot von medizinisch nicht notwendigen körperlichen Eingriffen, solange die Betroffenen nicht selbst zustimmen. Erst wenn diese langjährige Forderung in die Gesetzgebung fließt, können die heute nach wie vor stattfindenden Traumatisierungen beendet werden.
Bettina Enzenhofer
Clara Morgen: Mein intersexuelles Kind. weiblich männlich fließend. Sachbuch. 128 Seiten, Transit Buchverlag, Berlin 2013 EUR 15,30
Manchmal ist es ein soziales Erdbeben, wenn da ein Mann plötzlich behauptet eine Frau zu sein oder umgekehrt. Ob bei dem/der PartnerIn, den Kindern, den LehrerInnen, den FreundInnen, dem Chef usw. Mit dieser Wirklichkeit konfrontiert zu sein, ist keine leichte Sache. „Was passiert da?“ und „Wie gehe ich damit um?“, das sind die Fragen, auf die Udo Raufleisch klare, sachliche, aber auch einfühlende und verständnisvolle Antworten gibt. In einem einführenden Kapitel wird dargestellt, was Transsexualität/Transidentität ist und welche (kulturellen) Erscheinungsformen es gibt.
KennerInnen der Thematik ist Udo Rauchfleisch als Fachmann ein Begriff, der seit Jahrzehnten mit der Begleitung transsexueller/transidenter Personen beruflich befasst ist.
In dem nun vorliegenden Buch geht es jedoch hauptsächlich um die Fragen und Sorgen der Menschen außerhalb der Praxis – Transpersonen, die ihren Alltag leben und meistern, deren Angehörige und Mitmenschen. Einmal mehr ist es sein Anliegen, den LeserInnen nahezubringen, dass Transidentität nichts mit psychischer Gesundheit oder Krankheit zu tun hat. Statt zu verurteilen, könnten wir alle „von Transmenschen profitieren, lehren sie uns doch, dass die Welt bunter und vielfältiger ist, als wir gemeinhin annehmen“. Auch der sehr wichtigen Frage, was zu bedenken ist, wenn Kinder (als Transkinder oder Söhne und Töchter einer Transperson) von der Thematik betroffen sind, wird ausreichend Raum gegeben. So wird das Buch insgesamt zum unentbehrlichen, gut verständlichen Ratgeber und kann helfen, in einer irritierenden Lebensphase wertvolle Beziehungen zu bewahren.
Cornelia Kunert
Udo Rauchfleisch: Anne wird Tom – Klaus wird Lara. Transidentität / Transsexualität verstehen. 176 Seiten, Patmos, Ostfildern 2013 EUR 15,50
Es sind bedrückende, oft mutlose Lebensgeschichten von 32 Frauen zwischen 19 und 62 Jahren, die im Sammelband zu Wort kommen. Ihre Ohnmacht, Enttäuschung und Wut sind allgegenwärtig. Sie erleiden als Kinder bis ins Erwachsenenalter psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihre an Borderline-Persönlichkeitsstörung erkrankten Mütter. Ein Fokus des Buches liegt bei den möglichen destruktiven Folgen einer Sozialisierung durch Frauen mit psychischen Erkrankungen und wie diesen gegengesteuert werden kann. Antworten finden sich in den Kurzbiografien der Betroffenen, in den Fragebögenresultaten und im Praxisteil „Frühe Hilfen“ von Marianne Styger. Der Band will Frauen ermutigen, eigene Trauma-Erfahrungen wahrzunehmen, um sie zu bewältigen und damit Folgen, die im schlimmsten Fall über Generationen hinausreichen, zu mildern. Er sensibilisiert in schmerzlicher Weise die Situation „übersehener“ Kinder von an Borderline-Störung erkrankten Müttern. In der Fülle der Schreckensberichte verliert sich jedoch der Verweis, dass nicht alle Menschen mit Borderline zwangsläufig ihre Kinder misshandeln.
Schade, dass das Buch die Option lebbarer Perspektiven nicht ausreichend vermittelt. Zu nebensächlich ist der Verweis auf frauenfeindliche gesellschaftliche Strukturen und deren Mechanismen und Auswirkungen auf die Biografien der Mütter und Töchter. Hinweis: Die Beiträge können traumatisierte Menschen triggern! Für psychisch-therapeutische Beratungseinrichtungen durchaus eine interessante Zusammenstellung.
Diane Branellec
übersehene Kinder. Biografien erwachsener Töchter von Borderline-Müttern. Hg. v. Jana Reich. 556 Seiten, Marta Press, Hamburg 2013 EUR 35,80
Einem vermuteten Zusammenhang zwischen weiblicher Kreativität und der Vagina geht die Journalistin Naomi Wolf in ihrem neuen Buch nach, indem sie eigene Erlebnisse und Gedanken sowie eine Menge wissenschaftlicher Studien miteinander verwebt. Zentrum ist dabei ihre Botschaft, dass die Lust der Frauen nicht entweder in der Klitoris oder in der Vagina entstehe, sondern dass das autonome Nervengeflecht entscheidend ist und alles verbindet. Damit will sie Frauen zu selbstbestimmter, glücklicher Sexualität (und Kreativität) und Männern zu mehr Achtung und Verständnis für Frauen verhelfen. Der Weg führt mit unbekümmertem Essentialismus über künstlerisches Schaffen von O’Keefe bis Woolf, über chinesische Liebesgedichte, vergewaltigte Frauen, eigene Orgasmuserfahrungen, viktorianische Prüderie, Tantra, Psychoanalyse bis hin zur Klitoris von Laborratten, die mit Pinselchen stimuliert wird, um uns über weibliche Sexualität Auskunft zu geben. Zwischen gut meinenden, aber irrenden Feministinnen und verächtlichen Frauenhassern positioniert sich Wolf wiederholt als die Vermittlerin mit der neuen Wahrheit, die schlussendlich darauf hinausläuft, dass die von Männern gedemütigten Frauen (Vaginas) der Rettung durch Männer bedürfen z. B. durch tantrische Vaginaheilung. An Lesben wende sich das Buch nicht und die geschwätzigen 441 Seiten enden mit persönlichen Gedanken über weibliche Erotik, die Wolf ausgerechnet in Skala Eressos, einem Lesben-Hotspot, lokalisiert, ohne das je zu erwähnen.
mel
Naomi Wolf: Vagina. Eine Geschichte der Weiblichkeit. übersetzt von Barbara Imgrund, Gabriele Gockel und Karola Bartsch. 441 Seiten, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2013 EUR 25,70
Der Klappentext klang interessant: „Es kann gute Gründe geben, wenn Frauen ihr übergewicht (noch) behalten. Es hat eine Aufgabe zu erfüllen.“ Meine Erwartung an Renate Glöckels „Warte nicht auf schlanke Zeiten“ war: Hier werden nicht die 50 besten Diäten durchgekaut, sondern normal- bzw. übergewichtige Frauen in ihrem körperlichen (Wohl)befinden unterstützt. Keine Verurteilungen. Keine Role-Models. 200 Seiten später lautet mein Fazit jedoch: Es geht doch wieder darum, dass Dünn-Sein das Ziel ist und „dicke Frauen“ einfach psychische und soziale Probleme haben, die sie zum Zu-viel-Essen bringen. Und wenn sie diese Probleme lösen, können sie endlich dünner werden. Die Trennung zwischen tatsächlich essgestörten Frauen und einfach „dicken Frauen“ ist gefährlich unscharf. Für erstere mag das Buch gute Tipps enthalten. Und auch die Botschaft, dass das Idealbild der „dünnen Frau“ mit all den ihr zugeschriebenen positiven Charaktereigenschaften ein Trugschluss ist, ist keine schlechte. Spätestens, wenn zu den „schlimmsten Kränkungen“ in der Kindheit, die zum Frustessen führen sollen, die Tatsache zählt, dass „Eltern beide voll berufstätig waren“, ist meine Toleranz-Schwelle jedoch überschritten. Eine Enttäuschung.
GaH
Renate Glöckel: Warte nicht auf schlanke Zeiten. Ein Buch für starke Frauen. Sachbuch. 207 Seiten, Kreuz Verlag, Freiburg 2013 EUR 15,40
Mit der Wahl des „Papa-Handbuchs“ haben wir in der Redaktion eine Ausnahme für ein Buch, das von zwei Männern verfasst wurde, gemacht. Es handelt sich um einen Ratgeber für werdende Väter, die ermutigt werden sollen, von Anfang an eine aktive Vaterschaft zu pflegen. Und so werden Schwangerschaft, Geburtsverlauf, Geburtsvorbereitung, Wahl der Geburtsumgebung, Aufgaben während des Wochenbetts und Umgang mit dem Baby beschrieben. Viel Raum haben auch Tipps für die Paarbeziehung mit Anleitungen zur Selbstreflexion und Diskussion über Vorstellungen von Mutterschaft und Vaterschaft oder die bewusste Auseinandersetzung mit der Aufteilung der Versorgungsarbeit. Hier ist die praktische Erfahrung der Autoren als Väter-Berater und Coaches sichtbar.
Grundsätzlich betonen die beiden, dass es für alle Fragen keine Ideallösung gibt, sondern, dass jeder den für ihn passenden Weg finden muss. Die Autoren versuchen gleichzeitig, auch sehr zaghafte und ängstliche Väter abzuholen. Zumindest lässt der Satz „Wenn Sie sich eine Stunde alleine mit Ihrem Baby zutrauen, dann verbringen Sie eine Stunde mit ihm“ darauf schließen. Die Absurdität der unterschiedlichen Erwartungen an Mütter und Väter wird hier sehr klar, man stelle sich einen solchen Satz in einem Ratgeber für werdende Mütter vor. An einem Punkt geht die Empathie für die Zielgruppe aber zu weit, wenn nämlich die Bedeutung von aktiven Vätern für die Entwicklung von Kindern zu intelligenten und glücklichen Menschen – belegt durch nicht näher ausgeführte „wissenschaftliche“ Erkenntnisse – derart überbetont wird, dass man meinen könnte, Kinder ohne (aktive) Väter seien verloren. Insgesamt überwiegen aber dennoch die positiven Aspekte des Buches. Ein praktisches Geschenk für noch unbedarfte werdende Väter.
ESt
Robert Richter und Eberhard Schäfer: Das Papa-Handbuch. Alles, was Sie wissen müssen zu Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr zu dritt. 176 Seiten, Gräfe und Unzer Verlag, München 2013 EUR 17,50