PolitikwissenschaftAktuelle Ausgabe: Schwerpunkt

9. Lise Meitner Literaturpreis

Astrid Ebner und Cordula Simon mit einzigem feministischen Literaturpreis im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet

Die 1968 verstorbene österreichische Physikerin Lise Meitner steht Patin für den 1994 gegründeten Preis, der Autorinnen dazu anregt, abseits der gängigen Klischees das Verhältnis von Frauen und Technik neu zu denken. Der Lise Meitner Literaturpreis prämiert besonders hellhörige, spitzfindige, provokante und weitsichtige Perspektiven auf das Thema Geschlecht in Naturwissenschaft und Technik. Der Preis wurde anlässlich des 10-jährigen Bestehens des HTU Frauenreferats ins Leben gerufen und wird seitdem im zweijährlichen Intervall ausgeschrieben. Eingereicht werden können Texte, die sich erzählend mit der Geschichte der Technik und Naturwissenschaft, mit dem Studium an einer Technischen Universität, mit Gefahren, Alternativen und Visionen auseinandersetzen, oder sich mit den Lebens-und Arbeitsbedingungen von Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Arbeitsfeldern befassen.
Beim diesjährigen 9. Lise Meitner Literaturpreis konnten sich zwei junge Grazerinnen unter den 42 Einreichungen durchsetzen. Die zwei Texte überzeugten durch ihre wortgewaltige Ausdrucksweise, so die Jury, bestehend aus Doris Allhutter (Technikforscherin), Chris¬tine Brauner (Schriftstellerin und Schreibpädagogin) und Britta Cacioppo (Biologin).


Astrid Ebners Kurztext Annastronaut zeichnet eine ambivalente Cyborg-Zukunft, in der Mensch und Maschine wie selbstverständlich verschmolzen sind. Martialisch und zart zugleich werden Themen wie Mutterschaft und Sex gestreift. Geschlechterverhältnisse werden atmosphärisch durch Technik symbolisiert und überraschend wieder gebrochen. Mit seinen fantastischen Wortgebilden lässt der Text starke Bilder im Kopf entstehen und besticht jenseits von Technikphobie der -euphorie mit einer Uneindeutigkeit, die eine zugleich ratlos und fasziniert zurücklässt.


Die Erzählung "Die Welt retten/Kennedy unshined" von Cordula Simon versetzt uns zurück in das Amerika der 1960er Jahre samt seinen traditionellen Geschlechterbildern, in eine Stimmung von Präsidentschaftswahlen, kaltem Krieg und frühem Fernsehen. Haushaltstechnologien auf der einen Seite, von gloriosen Männern erfunden und den schwachen Frauen zur Erleichterung ihrer Pflichten gegeben. Auf der anderen Seite Kriegstechnologien und eine klare Vorstellung davon, wer sich in einer politischen Diskussion zu Wort melden und was ideologisch vertreten werden darf. Am Ende entscheiden dann doch die Frauen die Wahl – und zwar durch ganz „weibliche“ Technologien.


Die Texte früherer Gewinnerinnen des Lise Meitner Literaturpreises und weitere ausgewählte Erzählungen sind bisher in den zwei Bänden „Female Science Faction“ (2001) und „Female Science Faction Reloaded“ (2008) im Promedia Verlag erschienen. Auf einen dritten Band der Reihe ist im nächsten Jahr zu hoffen! Astrid Ebner und Cordula Simon stellen ihre Texte im Rahmen der WeiberDiwan-Lesung am 20. Dezember im Frauencafe (Beginn: 18 Uhr) vor. Helga Gartner

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Cordula Simon

Cordula Simon, geb. 27. Marz 1986 in Graz, bis 2011 Studium der deutschen und russischen Philologie in Graz und Odessa und Mitarbeiterin der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz. Seither wohnhaft in Odessa. Mitglied der Grazer Literaturgruppe plattform. Diverse Preise und Stipendien. Nominiert fur den Ingeborg-Bachmann-Preis 2013. Im Herbst 2013 Stipendiatin des Literarischen Colloquiums Berlin. Im Finale fur den Alpha-Literaturpreis der Casinos Austria 2013.

Astrid Ebner

Astrid Ebner, geb. 13. Mai 1987 in Graz, aufgewachsen in der Sudsteiermark. Abgeschlossene Studien der Germanistik, Philosophie sowie Deutsch, Psychologie und Philosophie Lehramt Karl-Franzens-Universitat Graz). Verwirklichung zahlreicher Kunstprojekte in den Bereichen Theater, Performance, Ausstellungen, Filme. Nach einjahriger Lehrtatigkeit an einem Wiener Gymnasium derzeit literarisches Schreibstudium an der Universitat Hildesheim.

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