In der Genderpension

Gender hinter sich zu lassen, ist nicht einfach. Für Rae Spoon und Ivan E. Coyote war es ein langer Weg, auf dem sich beide immer wieder unzugehörig, unpassend und unerwünscht fühlen mussten. Rae ist zunächst Transgender, aber die Beschreibung vom Mann im Frauenkörper oder dem falschen Geschlecht im falschen Körper war für Rae nicht zutreffend. Ivan fühlte sich mit „sie“ angesprochen, konnte aber mit dem eigenen Körper, wie er war, nicht viel anfangen. Beide beschreiben in ihrem Buch, das auf einer von ihnen konzipierten Show basiert, die Lebensstationen, die sie bis zur Genderpensionierung geführt haben. Rae gibt Einblick in das pfingstkirchliche Familienleben und die Unmöglichkeit, sich der vorgegebenen Mädchenrolle anzupassen, beschreibt die Ängste und Herausforderungen, die damit einhergehen, ein transgender Countrysänger und Indie-Rocker zu sein, erinnert sich an die erste Begegnung mit dem Pronomen „x“ (im Englischen „they“) und fühlt sich in der Genderpension endlich angekommen. Ivan erzählt von der beidseitigen Masektomie, von der Reaktion der Familie, vom Butch-sein und den dauernden Anfeindungen auf öffentlichen Toiletten und an anderen Orten. Der Einblick in das Leben, das Rae und Ivan mit ihrem Buch geben, ist oft bedrückend und macht wütend, ist aber auch eine Ermutigung für alle, die ihr Gender auch gerne hinter sich lassen wollen. Die Anmerkungen am Ende des Textes sollten vor der Lektüre der sicher sehr herausfordernden Übersetzung gelesen werden, nur dann kann die Verwendung der verschiedenen Pronomen im Deutschen nachvollzogen werden. Paula Bolyos

Rae Spoon und Ivan E. Coyote: Goodbye Gender. Aus dem Englischen von Lemon Thyme & Enys Novemba. 205 Seiten, w_orten & meer, Berlin 2015 EUR  15,40