Neue Freiheiten?

Schon als ich das Buch „Feuerzeichenfrau“ zum Thema Wechseljahre rezensiert hatte („Stimme der Frau“ 1/1989), war ich nicht besonders glücklich über Julia Onkens esoterisch-verklärende Sicht auf das Altern von Frauen. Diesem Blick ist sie treu geblieben. Ihr jetzt erschienener „Reiseführer für die späten Jahre“ will Frauen in gehobenem Alter Mut machen für den unausweichlichen Abstieg auf der Lebensleiter. Das ist löblich. Dass wir alten Frauen uns, folgen wir dem Weg der Autorin in den „Garten der neuen Freiheiten“, auch in Kleidershops, plastisch-ästhetischen Operationssälen oder Botox-Studios wiederfinden, um der Vergänglichkeit unserer Schönheit zu entkommen, hat mich dennoch etwas irritiert. Nicht, dass Julia Onken diese „Machbarkeitshybris“ als Heilsbringerin anpreist, aber das „Grundkapital Schönheit“ ist eindeutig verspielt. Und so versucht sie Verständnis zu schaffen für Frauen, die ihr Geld und ihren Körper dieser Obhut anvertrauen. Beratungsbücher haben das eigenartige Flair, viel Richtiges zu beschreiben, viel Gutgemeintes zu raten, viel Reales auszublenden. Es ist kein Fehler, dass sich Onkens Beratungspalette an ein weißes, gebildetes, gutsituiertes Frauenpublikum wendet, das im gehobenen Alter Zeit und Geld für sein Besserfühlen investieren kann. Ein anderer Teil der alten Frauengeneration, der nicht so gut abgesichert ist durch Erwerbsverläufe, die ein gutes Leben im Alter ermöglichen, wird sich vielleicht sagen: Ihre Sorgen möchte ich haben.

Bärbel Danneberg

Julia Onken: Im Garten der neuen Freiheiten. Ein Reiseführer für die späten Jahre. 176 Seiten, C.H. Beck, München 2015 EUR 15,40