Risiken und Nebenwirkungen von Utopien

Die Umweltphilosophin Barbara Muraca findet in ihrem Büchlein klare Worte: Individuelle Möglichkeiten, sich das Gute Leben zu verwirklichen, sind nicht dasselbe wie kollektive und demokratische Mitbestimmung. Wachstum ist kein Weg mehr, um die Lebensqualität steigen zu lassen. Muraca startet mit einer Utopie der Ökofeministin Veronika Bennholdt-Thompson, die im Jahr 2099 das Geld abgeschafft sieht und die grundsätzliche Ausrichtung der Gesellschaft auf Subsistenz statt Wachstum. In weiterer Folge diskutiert sie unterschiedliche Autoren und ihre utopischen Beiträge zur Postwachstumsgesellschaft, wie diese aussehen, welche Gefahren und Vorteile sie bieten könnten. Dabei zieht sie interessante Vergleiche zwischen europäischen Ländern und bringt auch immer wieder Perspektiven des globalen Südens ein, z.B. die Verankerung des Buen-Vivir-Konzeptes als staatliches Leitbild Ecuadors in dessen Verfassung. Das letzte Kapitel befasst sich mit Grundpfeilern für eine gerechte, solidarische und demokratische Postwachstumsgesellschaft.

Was leider fehlt sind Anknüpfungspunkte der Décroissance/Degrowth-Bewegungen zu den zahlreichen feministischen Konzepten zum Guten Leben und alternativen Ökonomien. Dennoch ein lesenswertes, klar geschriebenes Büchlein auf hohem utopischem und politischem Niveau. gam

Barbara Muraca: Gut leben. Eine Gesellschaft jenseits des Wachstums. 94 Seiten, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2014EUR 10,20