Verschleiert, emanzipiert, modern?

Die Autorin setzt sich mit einem brisanten gesellschaftspolitischen Thema auseinander: die sichtbar „andere“ Kleidung muslimischer Frauen. Was bedeutet es für Frauen, in einer von Differenz- und Hierarchieverhältnissen durchdrungenen Gesellschaft ein Kopftuch zu tragen? Zunächst stellt sie vor, wie sehr das Thema Kopftuch von der Seite der dominanten Mehrheitsgesellschaft bewertet wird. Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind in dichotomen Diskursen gefangen: sie sind muslimisch und traditionell, aber werden nicht gleichzeitig als emanzipiert eingeschätzt. Basierend auf neun problemzentrierten Interviews mit jungen Musliminnen, die sich als „Kopftuchträgerin aus Glaubensüberzeugung“ definieren, präsentiert Monika Zisterer ein zentrales Ergebnis: der Rückgriff auf den Islam bedeutet für sie die Konstruktion von „Zwischenräumen“, in denen Differenz und Diskriminierungserfahrungen gelagert und verhandelt werden können, wo die eigene Positionierung vorübergehend gesucht und gefunden werden kann. Die Bedeutung einer „religiösen“ und damit disziplinierten Lebensweise ist für die Frauen wichtig, da sie dadurch von muslimischen Männern anerkannt und respektiert werden. Das „Kopftuch“ als kultureller Code ist auch Ausdruck einer bewussten Selbstverortung und kann dadurch emanzipatorische Elemente beinhalten. Ein sehr starker Wunsch nach einer egalitären Gesellschaft, in der alle Menschen als gleichwertig angesehen werden, unabhängig von Geschlecht, Ethnie, Religion wird von allen Interviewpartnerinnen geteilt. Eine aufschlussreiche Analyse! Diana Karabinova
Monika Zisterer: Verschleierungen. Gespräche über das Kopftuch… 224 Seiten, Studien Verlag, Innsbruck-Wien-Bozen 2014 EUR 34,90