Wider die Re-Traumatisierung

„Obwohl ich zwei Jahre lang in Therapie war und dachte, dass ich meine Missbrauchsprobleme bewältigt hätte, suchten mich die alten Geschichten zum Teil wieder heim, als wir uns im Vorbereitungskurs den Geburtsfilm ansahen.“ (S. 186).

Für jede Missbrauchsüberlebende können sich Schwangerschaft und Geburt als überwältigende Herausforderung erweisen. Wie die Schwangere von den Menschen, die ihr nahe stehen und von den professionellen Helfer_innen behandelt wird, kann darüber entscheiden, ob sie die Erfahrung als Bestätigung ihres Selbstwertgefühls oder aber als neuerliche Traumatisierung erlebt. Viele Frauen mit Gewalterfahrungen haben starke Ängste, ob sie ihr Kind gut genug vor ähnlichen Übergriffen zu schützen vermögen. Manche entwickeln außergewöhnlich negative, positive oder unrealistische, fantasiegeleitete Vorstellungen über das Baby in ihrem Körper. Manche empfinden den Fötus in sich als Parasiten, der ihnen die Energie aussaugt und die gesamte Schwangerschaft als feindliche Übernahme ihres Körpers, die sich ihrer Kontrolle entzieht.

Die Autorinnen sind erfahrene Begleiterinnen von sexuell traumatisierten Schwangeren. Die Zusammenarbeit der Physiotherapeutin und Geburtsvorbereiterin Simkin mit der Trauma-Psychotherapeutin Klaus ermöglicht einen ganzheitlichen Blick. Die Leserin erhält wertvolles Material für die Gesprächsführung während und nach Untersuchungen, Strategien für den Umgang mit spezifischen Triggerformen (bestimmte Körperhaltungen, Nadeln, Blicke etc.) und praktische Lösungsansätze für die Vermittlung von Sicherheit und die Prävention erneuter Traumatisierung. Bettina Zehetner, Frauen beraten Frauen

Penny Simkin und Phyllis Klaus: Wenn missbrauchte Frauen Mütter werden. Die Folgen früher sexueller Gewalt und therapeutische Hilfen. 325 Seiten, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2015 EUR 39,10