Irrungen, Wirrungen
Emma und Sam leben in einer bikulturellen Ehe in Wien. Als Sams Vater stirbt, fliegen sie zur Beerdigung nach Nicaragua. Im Kreis seiner Familie entscheidet sich Sam, die Möbelfabrik seines Vaters weiterzuführen und überredet die schwangere, ambivalente Emma, dass sie beide in Nicaragua einen Neubeginn versuchen sollten. Nachdem zunächst in Wien Emma diejenige war, die erfolgreich einem universitären Job nachging und Sam oft sein prekäres Leben in Wien in Frage gestellt hat, finden sich die beiden nun in vertauschten Rollen wieder. Schließlich bricht Emma aus. Ihre Gefühlsschwankungen werden eindringlich, detailgetreu und glaubwürdig reproduziert. Der Mikrokosmos der Liebe mit all seinen temperaturschwankenden Dimensionen steht im Mittelpunkt des sprachlich gelungenen Romans. Zuweilen wäre ein präziseres Bild der ökonomischen Lebensbedingungen abseits der häuslichen Atmosphäre angemessen gewesen, um die weitreichenden Konsequenzen des Ortswechsels greifbarer zu machen. Wer gerade selbst in einer kurvenreichen Beziehung steckt, gewinnt Verständnis für die eigenen unerklärlichen Schwankungen und Grauzonen. Das Streben der Ich-Erzählerin nach Autonomie birgt selbstverständlich auch emanzipatorisches Kapital in sich birgt. ML
Susanne Gregor: Territorien. Roman, 207 Seiten, Droschl, Graz-Wien 2015EUR 19,00