Auf dem Fahrrad durch die Pandemie

Carley Moore ruft uns eine Zeit ins Gedächtnis, die gar nicht lange her ist. Auf einem magentafarbenen Fahrrad fährt Moores autofiktionale Protagonistin Orpheus durch die pandemisch leeren Straßen New York Citys und hängt sich an Demos von Black Lives Matter an. Zu Hause kümmert sich Orpheus um ein zwölfjähriges Kind, Studierende in Online-Kursen, manchmal um sich selbst und den neuen Roman, dessen Anfang in wöchentlichen Kapiteln im Internet veröffentlich wurde. Panpokalypse erinnert auch daran, dass die Privilegien von heteronormativen Kleinfamilien 2020 plötzlich präsenter waren: Zwischen Datingversuchen und der Verarbeitung einer Trennung möchte Orpheus vor allem eine queere Corona-Bubble bilden, um endlich wieder andere Menschen berühren zu können. Doch in diesem Roman steckt noch mehr: Moore gibt biographische Einblicke, fasst Körperlichkeit in unverblümte Worte und nimmt Leser*innen sogar mit ins Paris der 1930er-Jahre. Teile des Texts wurden mithilfe eines Text-to-Speech-Programms verfasst, was die nahbare Erzählweise offensichtlich geprägt hat. Auf eine ehrliche und sympathische Art schreibt die Autorin, die bereits für den Lambda Literary Award nominiert war, über Behinderung, Beziehungen und das Schreiben, aber vor allem über eine Ausnahmesituation. Mit dem Fahrrad eignet sie sich Räume an und lässt Leser*innen an Ausschnitten eines Lebens teilhaben.

Clara Stiller

Carley Moore: Panpokalypse. Notizen aus New York. Aus dem Engl. von Stefanie Frida Lemke. 288 Seiten, edition assemblage, Münster 2024 EUR 19,60