Auf der Suche nach dem verlorenen Bild
Das Pfauengemälde, ein Erbstück des Vaters, führt Ana von Berlin nach Bukarest und das Dorf ihrer Vorfahr*innen. Der in Rumänien lebende Teil der Familie hat nach jahrzehntelangen Prozessen das Haus und das Bild zurückbekommen. Beides war ihnen durch die Enteignungen des Sozialismus genommen worden. Ana möchte das Bild eigentlich nur abholen. Doch Behördengänge, Familientreffen, Hausbesichtigungen und neue Bekanntschaften machen den Aufenthalt in der Heimat ihrer Eltern, die ihr bisher nur peripher bekannt war, zu etwas Realem und Anziehendem. Sie spürt der Geschichte ihres Vaters nach, der im Widerstand gegen das Ceausescu Regime zum politisch Verfolgten wurde. Sein Tod liegt zwei Jahre zurück und Ana leidet unter diesem Verlust und ihren Selbstvorwürfen, ihn nicht mehr rechtzeitig aufgesucht zu haben. Gefühle und Erinnerungen bestimmen ihre Wahrnehmung. Aus einer Begegnung mit einer jungen Künstlerin, die ihr überraschend nahe ist, und deren Freund entsteht eine weitere emotionale Dimension. Zudem finden sich im Seelenleben der Protagonistin widerstrebende Tendenzen, weil sie sich weder rumänisch noch deutsch zugehörig fühlt. Die Autorin Maria Bidian hat selbst rumänische Wurzeln. Die Autorin schafft mit ihrem Debütroman ein vielschichtiges Bild über das Land: nicht nur die Traumata der Diktatur, sondern auch die Lebensart, die Sprache und die Landschaften tragen Farben und Stimmungen in sich. Und die poetische Sprache mit Traum- und Erinnerungssequenzen erzeugt magnetische Wirkung.
Susa
Maria Bidian: Das Pfauengemälde. 320 Seiten, Paul Zolnay Verlag, Wien 2024 EUR 25,50