Die Geschichte einer Flucht aus Syrien
Im Jahr 2017 machte ein Foto Schlagzeilen, das den an Land gespülten Leichnam eines dreijährigen Jungen zeigt: Alan Kurdi, der ebenso wie seine Mutter und sein Bruder auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg im Mittelmeer ertrunken war. Die Tante der beiden Kinder, Tima Kurdi, hat in einem erschütternden Bericht die Fluchtgeschichte ihrer Familie dokumentiert. Eingangs erzählt sie fast ein wenig verklärend von ihrer zauberhaften Kindheit in Damaskus, die im starken Kontrast zu den darauffolgenden Schilderungen steht, in denen sie die Anfänge des syrischen Bürgerkriegs, die zunehmend unsichere Lage ihrer Familienangehörigen und deren Flucht in die Türkei beschreibt. Die Autorin, die selbst bereits vor Ausbruch des Syrienkrieges nach Kanada ausgewandert ist, berichtet von den unmenschlichen Zuständen in den Flüchtlingslagern, der Ignoranz der Aufnahmeländer gegenüber dem Elend der Geflüchteten und den behördlichen Schwierigkeiten, aufgrund derer alle Versuche scheitern, ihre Angehörigen auf legalem Wege in Sicherheit zu bringen. Die aus dem Englischen übersetzte Familienbiografie bietet zwar keine politische Analyse des syrischen Bürgerkriegs, macht jedoch eindringlich die fatalen Folgen des Kriegs für die Zivilbevölkerung deutlich. Ein erschütterndes und sehr emotionales Buch, das dazu aufruft, Geflüchteten aus Kriegsgebieten endlich zu helfen und Tragödien, wie jene der Familie Kurdi, nicht mehr zuzulassen.
ReSt
Tima Kurdi: Der Junge am Strand. Die Geschichte einer Familie auf der Flucht. Aus dem Engl. von Lilian-Astrid Geese. 247 Seiten, Assoziation A, Berlin/Hamburg 2020. EUR 19,80