Er soll verschwinden!
Die Kindergärtnerin Marta und der Immobilienmakler Maksym heiraten in Luzk in der Ukraine, obgleich sie sich noch nicht sehr lang kennen und Martas Freundinnen skeptisch sind. Bereits nach kurzer Zeit entwickelt sich die Beziehung in ein Desaster, eine Hölle auf Erden. Erst rote Flecken, dann violette Kleckse und mit der Zeit werden die Schläge auf Martas Haut blau. Das ist das Resultat von Maksym Gewalt und immer wieder richtet er Marta so zu, dass sie sich kaum mit den Verletzungen aus dem Haus wagt. Marta glaubt zunächst, dass sich noch etwas ändern kann, aber nach wenigen Jahren ist ihr klar, er wird sich nie ändern. Bei ihrer ersten Schwangerschaft zwingt Maksym sie, abzutreiben, bei der zweiten Schwangerschaft willigt er ein, dass sie die Schwangerschaft austragen kann. Sein Narzissmus, seine Launenhaftigkeit, sein Alkoholmissbrauch und ihre Verletzbarkeit und lange Zeit ihre Versöhnungswilligkeit gestalten ein unerträgliches Beziehungsverhältnis. Da helfen die besten Freundinnen nichts und der Sohn als Lichtblick kann nur ein Strohhalm sein. Maksyms Gewaltorgien werden detailliert von Natalja Tschaikowska beschrieben. Nachdem die Leserin bereits zu Beginn erfährt, dass Marta Witwe ist, werden die in der Folge beschriebenen häuslichen Szenen erträglicher. Ein eindrucksvoller Roman, der die Facetten einer Gewaltbeziehung offen legt und dabei aus der Perspektive des Opfers die Umstände klar umreißt, wie es dazu kommen kann, dass alles aus dem Ruder läuft. Ein Happy End am Schluss, wer hätte das gedacht, versöhnt die Leserin, mit der inhaltlich schweren Kost.
ML
Natalja Tschajkowska: All die Frauen, die das hier überleben. Aus dem Ukrain. von Jutta Lindekugel. 364 Seiten, Haymon Verlag, Innsbruck 2023 EUR 23,90