Posthumanismus

Tiere arbeiten, Menschen konsumieren
Arbeiten Tiere? Vielleicht erscheint die Frage auf den ersten Blick merkwürdig. Für die einen ist es völlig klar, dass Tiere arbeiten, schuften sogar, oft unter den miesesten Bedingungen. Für andere mag sich die Frage noch nie gestellt haben – beinhaltet ‚arbeiten‘ doch etwas von einer Subjekthaftigkeit und möglicherweise von Intention. Die Ausgabe „Arbeit. Tierstudien“ widmet sich diesem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Eine Arbeit, die auf der spezifisch weiblichen Körperlichkeit von Tieren beruht, ist die so genannte ‚Fleischproduktion‘. Eine andere die ‚Milchproduktion‘, und eine weitere die ‚Eierproduktion‘. Schon hier zeigt sich die Dimension, die in Kendra Coulters Beitrag über „Fürsorgearbeit, ihre Unterdrückung und ihr Potenzial“ klar wird. Die Reproduktion, Grundlage der tierbasierten Landwirtschaft, ist in ihrer Analyse ein klares Beispiel für Nekro- und Biopolitik und eine extreme Form der Entfremdung, räumlich und zeitlich genau strukturiert. Oft werden die Nachkommen sofort entfernt bzw. zur Tötung weitergereicht. In eine ähnliche Richtung weist das künstlerisch-literarische Projekt (Against) Animal Capitalism von Terika Haapoja, die in ihrem Text marxistische Kapitalismuskritik auf die Ignoranz unserer Gesellschaft gegenüber Tieren anwendet. Sie fordert eine solidarische Einbeziehung all der Lebewesen, auf deren Rücken und aus deren Körpern buchstäblich Wohlstand und Überfluss gemacht wird. „Für den Unterdrücker sind wir das Potenzial der Ausbeutung selbst“, lässt sie die Tiere in ihrem Text formulieren. Weitere anregende Texte des Sammelbandes laden dazu ein, traditionelle Grenzziehungen der Empathie zu überwinden.
Susa
Arbeit. Tierstudien. Hg. von Jessica Ullrich. 192 Seiten. neofelis, Berlin 2024 EUR 17,00