Schreiben als Widerstand
Als 17jährige entdeckte Wendy Law-Yone in der Bibliothek des Goethe-Instituts in Rangun Dürrenmatts Besuch der alten Dame. Es war Mitte der 60er, ihr Vater, Edward Law-Yone, ein angesehener Journalist und Gründer der demokratischen Tageszeitung The Nation, war von der aufkommenden Militärdiktatur verhaftet worden, ihr geplantes Musikstudium in den USA nunmehr unmöglich geworden. Die Begegnung mit der deutschen Sprache und Literatur legte für die sprachbegabte junge Frau den Grundstein für ihr literarisches Schaffen, das gleichermaßen als Verarbeitungsform des Exils, als Widerstandshandlung gegen die autoritären politischen Verhältnisse in Burma sowie als Umgang mit dem Vermächtnis ihres Vaters gelten kann. Während Edward – nach Jahren der Haft – in Thailand eine Exilregierung aufbaut, mit der er, erfolglos, das Regime in Burma stürzen möchte und sein restliches Leben desillusioniert in den USA verbringt, wird seine Tochter, die letztlich auch in die USA geht und später in England lebt, eine im englischen Sprachraum erfolgreiche postkoloniale Autorin. Im vorliegenden Text, der Langfassung ihrer Antrittsrede anlässlich ihrer Friedrich Dürrematt Gastprofessur für Weltliteratur, beschreibt Wendy Law-Yone biographische Wegmarken als Kontexte ihrer drei Romane und ihrer Autobiographie und entfaltet damit das Panorama ihres das Persönliche und Politische, Ost und West verbindenden Schreibens, das jenseits von Rache die Vision eines pluralistischen, freien Burmas und einer demokratischen Welt aufrechterhält.
SaZ
Wendy Law-Yone: Dürrenmatt and me. Eine Passage von Burma nach Bern. Aus dem Engl. von Johanna von Koppenfels. Mit einem Nachwort von Marijke Denger. Texte zur Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur. Hg. von Oliver Lubrich. 176 Seiten, Verbrecher Verlag, Berlin 2021 EUR 18,50