Überblick über Feminismus

Dieser Streifzug durch Geschichte und Gegenwart des Feminismus wird […] ein wilder Amazonenritt“, kündigt Agnes Imhof an. Die Sängerin, Religions- und Islamwissenschafterin, hochbegabt, wie sie selbst schreibt, ist engagiert und empathisch für die Sache der Frauen. „Feminismus rüttelt an Thronen. Wenn er das nicht tut, macht er etwas falsch“. Viel Bekanntes wurde gut lesbar zusammengefasst: frühe Feministinnen, der Kampf um die Bürgerrechte, linke und konservative Frauenbewegung, Matriarchatsforschung ebenso wie ein moderner Hexenkult. Den Zwang zur Schönheit, die künstlich erzeugten Schönheitsideale enttarnt sie als Machtmechanismen des Patriarchats. Sie schreibt über Gendern, MeToo, Ni una menos!, Reproduktionsmedizin, Ökofeminismus, auch über persönliche Erfahrungen. Die Kapitel über Iran, Lateinamerika, Indien, Afrika sind etwas kursorisch. Den Intersektionalismus, der die Verbindungen zwischen Patriarchat, Kapitalismus und Rassismus aufzeigt, weist sie als „essenzialistische Sicht“ (S. 293ff. ) zurück und behauptet „Allianzen zwischen intersektionalistischen Feministinnen und Vertreter*innen radikalkonservativer bis offen faschistischer Gruppen“ (ein Literaturhinweis hierzu fehlt). Über die Care-Arbeit der Frauen schreibt sie respektlos: „Care-Arbeit ist per se keine kreative Meisterleistung“. Und sie vergisst offensichtlich jene Armada von Frauen zu erwähnen, die als Arbeitsmigrantinnen (schlecht bezahlte) Care-Arbeit als Pflegekräfte, Haushälterinnen und Putzfrauen leisten. Das Kapitel über die längst vergessene Esther Vilar hätte ich nicht vermisst. Alles in allem, ein informatives Buch, mit Verve geschrieben, spannend zu lesen, die vielen abgerufenen Informationen aus dem Internet wären den Leser*innen sonst entgangen.

Inge Rowhani

Agnes Imhof: Feminismus – die älteste Menschenrechtsbewegung der Welt von den Anfängen bis heute. 382 Seiten, DuMont Buchverlag, Köln 2024 EUR 26,80