Tränen für die Schmetterlinge
Auf einer tropischen Insel existieren letzte Exemplare einer einzigartigen Schmetterlingsart, Calyptra lachryphagus. Der Wiener Schmetterlingsforscher Franz Wilhelm Rosalie Caspari widmet sich ganz der Erforschung der Falter. Zunächst ein Shootingstar und finanziert durch ein Forschungsprojekt, dann aber zusehends auf seinen reichen Freund und Gönner Heinrich angewiesen, baut er seine Zucht auf. Schwierigkeiten bereitet die Futtersuche: die Schmetterlinge fressen zwar auch Zuckerwasser, aber Eier legen sie nur, wenn sie menschliche Tränen bekommen, und zwar nicht solche, die nach Zwiebel schmecken – die einzige Art und Weise, wie Caspari selber Tränen hervorbringt. So versucht er sich unter anderem darin, seine Haushälterin zum Weinen zu bringen und bei Begräbnissen mit seinen Faltern anwesend zu sein. Die Futtersuche bleibt bei weitem nicht sein einziges Problem. Die Autorin, selbst promovierte Schmetterlingsforscherin, arbeitet viele Themen in ihren Roman ein – den Forschungsalltag, Biopiraterie, wissenschaftliche Karrieren und ihr oft jähes Ende, und was passiert, wenn man Alltagswissen in der Forschung nicht berücksichtigt. Sie zeichnet Caspari recht klassisch als prototypischen Naturwissenschafter, und auch die Charaktere in seiner Umgebung entsprechen ein wenig zu sehr gängigen Klischees. Abgesehen davon zieht das gut geschriebene Buch in den Bann und liefert vor allem für wissenschaftsaffine LeserInnen viel Stoff zum Nachdenken. gam
Andrea Grill: Das Paradies des Doktor Caspari. Roman. 284 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2015 EUR 20,50