Alte Frauen wohnen….

In diesem Buch werden 19 Frauen in hohem Alter in ihren Wohnungen und Häusern in Deutschland besucht. Die Autorinnen gehen der Frage nach, wie sich die Lebenssituation von allein lebenden alten Frauen darstellt und wählten dazu das Wohnen als Ausgangspunkt für ihre Interviews und Fotografien. Dabei kann die Vergangenheit – wie es zu dieser Wohnsituation gekommen ist – nicht ausgeblendet bleiben, und so wird bei jeder Frau gleichzeitig auch ein Teil ihrer Lebensgeschichte erzählt. Das gibt Einblicke auf verschiedenen Ebenen, die bei mir Gedanken und Phantasien auslösen. Wird der Familienverband auch in Zukunft die Fürsorge übernehmen, wenn das alleine Leben nicht mehr möglich ist? Wird das eigene Haus auch in Zukunft die beliebteste Wohnform bleiben? Wie wichtig ist die Betätigung in einem Garten im höheren Alter? Wie wichtig ist es, materielle Erinnerungen an vergangene Lebenssituationen im Alter um sich zu haben? Mehrheitlich sind es gut und besser situierte Frauen, deren Wohnen hier vorgestellt wird. Das wird besonders deutlich in den Fotografien, wenn Hausdetails oder wertvolle alte Möbel abgebildet werden. Vielleicht ist das Leben ohne Existenzangst auch ein Grund dafür, dass die interviewten Frauen, deren Alter meist zwischen 80 und 90 liegt, mit ihrer Aktivität und Reflektiertheit beeindrucken.

Und doch bleibt bei mir nach dem Lesen und Schauen das Bild zurück, als wären diese Leben in Bernstein eingeschlossen, für immer festgehalten und von einem goldenen Schein umgeben, der die unangenehmen Seiten des Altwerdens überstrahlt.

Erna Dittelbach

Musikerinnen und ihre Netzwerke im 19. Jahrhundert. Hg. von Annkatrin Babbe und Volker Timmermann.  263 Seiten, BIS-Verlag, Oldenburg 2016 EUR 27,60