Frauen in der Westsahara
Gundi Dick zeichnet in ihrer Untersuchung ein differenziertes Bild des nationalen Befreiungskampfes der Sahrauis unter Führung der F. Polisario und der Rolle der Frauen darin. Nach einer gut lesbaren Darstellung des Konfliktes und der sahrauischen Gesellschaft, die seit 38 Jahren in den von Marokko besetzten Gebieten der Westsahara und in den Flüchtlingslagern in Südalgerien lebt, werden thematisch geordnet Interviewteile wiedergegeben und kommentiert. Eine Besonderheit der Flüchtlingslager liegt in deren Selbstverwaltung und eine andere darin, dass sie hauptsächlich von Frauen aufgebaut und bewohnt wurden. Zumindest in Ansätzen konnte dort so etwas wie ein Entwurf einer sahrauischen befreiten Gesellschaft entstehen. Sahrauischen Frauen wird ein vergleichsweise „guter gesellschaftlicher Status“ zugesprochen und die Autorin fragt entlang deren Handlungsfähigkeit konkret, was dieses „relativ gut“ bedeutet.
Die sahrauische Gesellschaft ist nach wie vor von relativ egalitären Verhältnissen und wenig ausgeprägten Klassenwidersprüchen geprägt. Gleichzeitig ist die geschlechtliche Arbeitsteilung stark ausgeprägt – Frauen sind vorwiegend für den häuslichen Bereich zuständig. Dadurch werden sie aber nicht unsichtbar, sind sie doch maßgeblich an der Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Lebens beteiligt. Dennoch ist die politische Vertretung von Frauen hauptsächlich auf Dorfebene vorhanden; aber in den höheren Gremien sind sie stark unterrepräsentiert. Auch diese Tatsache wird von der Autorin und den Interviewpartner_Innen differenziert behandelt. Gundi Dick benennt Widersprüche, aber sie hütet sich vor vorschnellen Urteilen aus eurozentristischer oder westlich-feministischer Sicht. Eine Empfehlung! Wanda Grünwald
Gundi Dick: Eine Hand allein kann nicht klatschen. Westsahara – mit Frauen im Gespräch. 174 Seiten, Löcker Verlag, Wien 2014 EUR 19,80