Immer gut für eine Überraschung

Monika Helfer hat es geschafft, in sechzehn Szenen ein großes Spektrum an Familiengeschehen zu beschreiben. In einfachen, prägnanten Sätzen lässt sie die Leser*innen teilhaben an den beschriebenen Szenen. Wir sehen nicht erwartete Wendungen, Entscheidungen, Liebe, aber auch Gleichgültigkeit. Vier Wege, eine Familie zu gründen, vier Wege, die Familie zu verlassen, vier Wege die Familie zu zerstören oder zu retten. Alle sechzehn Szenen werden sorgsam beleuchtet und für die Leser*innen verständlich dargestellt. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, wie es zur jeweiligen Situation kommen konnte und wie man sie wohl selbst gemeistert hätte. Wir bekommen regelmäßig über Werbung und gesellschaftliche und politische Meinungsmacher Bilder der idealen Familie kredenzt und wundern uns, dass die Realität mit den transportierten Bildern nicht mithalten kann. Familie kann das Schönste, aber auch das Anstrengendste sein. Am schlimmsten ist wohl, dass eine Erwartungshaltung mit diesem Wort verbunden ist, die schwer erfüllbar ist. Familie ist im Idealfall eine große Hilfe, oft anregend und in vielen Fällen auch sehr anstrengend. Leider kann Familie auch belastend und zerstörerisch sein. Monikas Helfers Gedankenspiele zeigen ein realistischeres, aber in Wirklichkeit auch schöneres Bild der Familie als jenes, das uns die heile Welt der Werbung glauben macht. In diesen sechzehn Szenen gibt es Glück, Leid und Sorge in ausgewogenem Maß. Stoff zum Nachdenken, Schmunzeln und Reflektieren. Kann ich nur empfehlen!

Ida Renko

Monika Helfer: Die Familie. Essay – Gedankenspiele. 48 Seiten, Droschl, Graz-Wien 2024 EUR 12,00