Und überall leben Menschen

Es sind persönlich gehaltene Reiseeindrücke einer einjährigen Fahrt. Mo und ihr Geliebter Chalil fahren in Richtung Osten – über den Balkan in die Türkei, den Iran, nach Pakistan, Indien und Nepal – und wieder zurück. Reisen macht staunen, lässt nachdenken und bewusst erleben und oft sind es Begegnungen, die Reisen bedeutungsvoll werden lassen, diese sind das Herzstück des Buches. Kleine Ausschnitte, kurze Einblicke, Momentaufnahmen – und es ist ein sensibler, aber auch scharfer Blick, der vieles wahrnimmt, unvoreingenommen, manchmal beinahe naiv. Eindrücklich ist die Schilderung der beiden Aufenthalte in Pakistan, an idyllischen Orten, mit wunderbaren Bekanntschaften, Orte, an denen nur ein Jahr später die Taliban einziehen. Die Autorin thematisiert, dass sie sich als westliche Touristin dauernd an Orte begibt, die nach gesellschaftlicher Norm Männern vorbehalten sind, und dass die Frauen, denen sie begegnet, jenseits touristischer Berührungspunkte leben.

Reisen bedeutet Hinter-sich-Lassen von Orten, Menschen, eigener Lebenszeit und auch das Wiederkehren an Orte, die sich verändert haben, so wie man sich selbst. Es bietet Gelegenheit und Zeit für Reflexionen über den eigenen Weg, der nur einer von vielen, niemals zweimal derselbe ist. Entscheidungen werden getroffen, die oft nur zufällig fallen und doch diesen Weg bestimmen können. Jede Reisende wird sich beim Lesen an Situationen, Stimmungen, Gefühle erinnert fühlen und es kann gut sein, dass sie Lust auf weitere Reisen bekommt – wohl wissend, dass jede Reise auch nur ein Stück des eigenen Weges ist.

Wanda Grünwald

Manuela Di Franco: Der Himmel ist grün. Roman einer Reise. 429 Seiten, Lenos, Basel 2017 EUR 25,60