Welt voller Ungewissheit
Medina ist als 15-Jährige mit ihren Eltern vor dem Krieg in ihrem Heimatland geflohen. In Österreich erwarten sie viele Herausforderungen. Doch Medina ist jung, lernt die Sprache schnell, kommt ins Gymnasium. Sie tut sich leichter als ihre Eltern, vor allem als ihr Vater, der mit vielen Freiheiten, die seine Tochter hier hat, nicht einverstanden ist. Dann kehrt er von einer gefährlichen Reise, um weitere Familienangehörige zu retten, nicht zurück. Die zurückgebliebene Familie, Großmutter, Mutter, Tante, Medina und der kleine Bruder erleben all dem zum Trotz neue Stabilität, wohnen im Haus einer Familie, die sie unterstützt. Dann erhalten sie eines Tages die lang ersehnte Nachricht, dass der Krieg vorbei ist. Plötzlich ist das Unmögliche möglich: Die Option, endlich zurückkehren zu können. Die Tante will aufbrechen und Medina schließt sich an, um ihren Vater zu suchen. Die Aussichten sind ungewiss. Julya Rabinowich schreibt – nicht zuletzt aufbauend auf Erfahrungen, die sie als Übersetzerin in Therapiesettings mit Geflüchteten gesammelt hat – auf eine Weise über die Themen Flucht und Ankommen im Aufnahmeland mit allen Verwerfungen, Unsicherheiten und Herausforderungen, die unter die Haut geht, aber gleichzeitig so selbstverständlich ist, wie eben das Leben von Betroffenen weitergeht, Tag für Tag, egal, welche Traumata zu verarbeiten sind. Medina ist stark, sie kann die Hilfe, die sie bekommt, annehmen und hat optimistische Zukunftspläne. Bereits in Rabinowich’ letzten beiden Romanen, die als ‚All-Age-Literatur’ bezeichnet werden könnten, konnten wir dieser jungen Frau begegnen, jetzt ist sie noch reifer geworden, und noch mutiger. Absolut empfehlenswert!
Eva Steinheimer
Julya Rabinowich: Der Geruch von Ruß und Rosen. 239 Seiten, Hanser, München 2023 EUR 18,50