„Wir tragen das System zwischen uns aus …“
Es ist schön geworden, dieses Buch, dessen Beiträge die Freund:innen von Ellen Jaedicke nach deren allzu frühem Tod zusammengetragen haben. Zu Wort kommen Aktivist:innen aus Deutschland und aus Kurdistan, die Ellen ein Stück ihres politischen Weges begleitet haben. Aber nicht nur deren Stimmen sind zu hören, sondern auch jene von Ellen selbst, die in Briefen erhalten geblieben ist. Die Lesenden werden so bekanntgemacht mit einer Suchenden, deren politisches Feuer viele ansteckte und die sich danach sehnte, Arbeits- und Lebenszusammenhänge im Sinne gelebter Solidarität zu vereinen – ein Ideal, das sie in den Bergen Kurdistans verwirklicht fand, wo sie auch den Code-Namen Stêrk (kurdisch für „Stern“) annahm. Aber dieses Buch ist nicht nur eine Würdigung und Erinnerung an eine verdienstvolle Kämpferin um politische Veränderung in den postsozialistischen 90er und 00er-Jahren, sondern auch eines, das den Lesenden die Kämpfe, in denen Ellen engagiert war, näherbringt, seien es jene gegen die Castor-Transporte in Deutschland, gegen den NATO-Gipfel 2009, bei Dresden Nazifrei u.v.a.m. Und natürlich den Befreiungskampf der Kurd:innen, der mit Waffen aus Deutschland bekämpft wird. Das Buch lässt uns teilhaben an den politischen Fragen, die Ellen bewegten, und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, über die Kämpfe zu lernen, die ihr wichtig waren, nicht zuletzt auch über die Jineologjî, die Wissenschaft der Frauen, die in Kurdistan miteinander leben, lernen und kämpfen.
Hilde Grammel
Verändern wollte ich eine Menge. Aus dem Leben der Internationalistin Ellen Stêrk. Hg. von Herausgeber:innen‑ kollektiv „Gemeinsam kämpfen“. 304 Seiten, edition assemblage, Münster 2022 EUR 12,00