Auslöschung von Mann und Frau
Die Wiener Filmemacherin Kitty Kino greift in ihrem Roman ein Zitat
von Stephen Hawkings auf: „…sollten Sie ihrem Anti-Selbst
begegnen, geben Sie ihm nicht die Hand! Sie würden in einem großen
Lichtblitz verschwinden.“ Und genau das passiert. Wie sich später
herausstellt, ist ein Objekt auf der Erde gelandet, das eine Art
Polarisation bewirkt – zu jedem Menschen gibt es nun einen
Anti-Menschen, wobei sich das Phänomen fast ausschließlich auf
Männer und Frauen beschränkt. Und diese Paare fühlen sich derart
stark zueinander hingezogen, dass der einzige Weg ist, Frauen und
Männer im öffentlichen Raum auseinanderzuhalten. Das Geschäft mit
Berührungsschutzanzügen boomt. Natürlich entsteht auch eine
Bewegung, die sich den Vorsichtsmaßnahmen widersetzt. Diese
Kamikazes rasen auf ihren Rollern herum und berühren Menschen im
Vorbeifahren. Es gibt eigene Auslöschungspartys, und natürlich auch
Organisationen, die damit Geld verdienen. Inmitten dieses Chaos
fühlen sich die aus reichem Haus stammende Physiotherapeutin Ines
und der Frauenheld und Kameramann Albert stark voneinander angezogen.
Zunächst versuchen sie, dieser Anziehung zu widerstehen, aber
erfolglos: Schlussendlich befreien sie sich von ihren bisherigen
Leben und treffen sich zur Auslöschung.
In dieser Geschichte
prallt sehr viel „Männliches“ und „Weibliches“ aufeinander,
zugespitzt in Stereotypen, aber zugleich nur bedingt lebensfähig
miteinander. Interessant, wenngleich eine weniger
Mann-Frau-orientierte Perspektive mehr Denkräume eröffnet hätte.
Gabriele Mraz
Kitty Kino: Die kleinste Berührung. 266 Seiten. Edition Keiper, Graz 2019, EUR 24,00