Wenn Tiere über Menschen sprechen
Von 1789 bis 1989 erstreckt sich die Geschichte einer
ungarisch-rumänischen Gutsbesitzerfamilie. Im Zentrum stehen die
brutale Enteignung, Deportation und Zwangsarbeit im nach dem Zweiten
Weltkrieg kommunistischen Rumänien, das sich politisch an Moskau
orientierte, womit auch der Buchtitel erklärt ist: Wenn es in Moskau
regnet, spannt man in Rumänien die Schirme auf. Als Erzähler treten
vor allem Tiere auf: ein Hund, eine Katze, eine Laus, eine Amsel,
schließlich sogar ein Baum. Dieser Kunstgriff erlaubt der Autorin,
moralische Urteile über die Grausamkeit und Willkür der Menschen zu
formulieren und deren irrationale Brutalität durch den naiven Blick
der Tiere zu entlarven. Auch die sprunghafte, fragmentierte
Erzählweise, die gewählte Form kurzer, skizzenhafter Episoden
spiegelt die Zerstörungen der Menschen durch Folter, Gewalt und
politische Willkür.
Kenntnisse der neueren Geschichte Rumäniens
sind sicher hilfreich, um der Handlung des Buches gut folgen zu
können. Doch um am Schicksal der Hauptpersonen Anteil zu nehmen
sowie auch die literarische Qualität des Buches schätzen zu können,
ist das nicht notwendig. Eine Leseempfehlung.
Sabine Reifenauer
Zsuzsa Selyem: Regen in Moskau. Die Geschichte einer Aussiedlung. Aus dem Ungar. von Eva Zador. 113 Seiten, Nischenverlag, Wien 2018, EUR 19,50