Blinder Fleck: Altenpflege
Das vorliegende Buch nimmt sich eines Themas an, das von der Politik immer noch in die Privatsphäre abgeschoben wird, obwohl es in Europa seit längerem gesellschaftlich hochrelevant ist. Die Lebenssituation alter und pflegebedürftiger Menschen hat zu einem Pflege-Notstand geführt, der sich in den kommenden Jahrzehnten noch deutlicher bemerkbar machen wird, wenn nicht politisch reagiert bzw. agiert wird. Im Fokus des Buches sind allerdings ausschließlich Deutschland und Polen. Die Autorin baut ihr Buch großteils auf Erkenntnissen auf, die sie in Interviews gewonnen hat. Die für die SeniorInnen verantwortlichen Angehörigen, die versorgenden und pflegenden Menschen aus Polen und die SeniorInnen schildern ihre Lage, die sich für alle drei Gruppen eher als Zwangslage darstellt. In den Schilderungen geht die Autorin mit Detailgenauigkeit sowohl auf die persönlichen, auf die fachlich-inhaltlichen als auch auf die arbeitsrechtlichen Aspekte ein, die sich aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben. Im ergänzenden Kapitel werden ausführlich Anregungen und Hilfestellungen für alle drei Gruppen gegeben. In wenigen Seiten am Ende des Buches wird aufgezeigt, wie eng an einem traditionellen Familienbild und wie fern von den realen Notwendigkeiten die Politik nach Lösungen sucht. Auch in der Wirtschaft ist das Thema noch lange nicht angekommen. Ein mit Akribie und Engagement geschriebenes Buch, das durch die Art des Zugangs zum Thema sehr sympathisch wirkt. Erna Dittelbach
Ingeborg Haffert: Eine Polin für Oma. Der Pflege-Notstand in unseren Familien. 256 Seiten, Ullstein-Econ, Berlin 2014 EUR 17,50