Geschlechterkonstrukte im Hinblick auf Tiere

Tiere und Geschlecht – ein vielseitiges Thema, das im vorliegenden Band der Tierstudien aus vielen Perspektiven beleuchtet wird. Vorweg: die Bestrebungen feministischer Wissenschaftlerinnen, Forschung von ihren sexistischen Prämissen zu befreien, sind immer noch nicht vollständig erfüllt. Immer noch gibt es viele, die an den Alpha-Wolf und den Leithammel glauben. Seit den 70er Jahren sind immerhin zahlreiche Defizite in naturwissenschaftlicher Wissensproduktion aufgeflogen. Im Buch werden historische und aktuelle Beispiele verhandelt. Zunächst geht es um die Bewertung weiblicher bzw. männlicher Tiere im historischen Kontext. Im 16. Jahrhundert vertrat man die Ansicht, dass männliche Zibetkatzen stärkere Duftstoffe produzierten und daher dreimal so viel wert seien wie weibliche. Ein anderer Aspekt bezieht sich auf die Zuordnung verschiedener Tiere bzw. sogenannter Rassen zu weiblich oder männlich definierten Menschen. Berühmt ist etwa die French Bulldog, die im Pariser Fin de Siècle ein Symboltier für Queerness und Prostitution war. Dieser Hund war das Ergebnis eines ‚Fehlers‘ in der Züchtung. Auf die Problematik von Züchtungen und generell die Tätigkeit des Züchtens wird explizit hingewiesen. Und dass Homosexualität im Tierreich weit verbreitet ist, wird klargestellt. Fehlen darf auch nicht das Klischee von Mädchen und Pferden, dessen mediale Konstruktion genau analysiert wird. Anregende und provokante Lektüre für alle, die Gesellschaft und ihre Spiegelung im Umgang mit Tieren besser verstehen wollen.

Susa

Tiere und Geschlecht. Tierstudien. Hg. von Jessica Ullrich und Mieke Roscher. 189 Seiten, Neofelis, Berlin 2023 EUR 17,00