Tatsächliche Transformationen? 

„Wir wollen die Zukunft nicht einfach als eine Fortschreibung vergangener ‚neopatriarchaler’ Verhältnisse fortschreiben und uns vor allem an den erodierenden vergangenen Ungleichheiten orientieren.“ (Einleitung) Aber ist es nicht so, dass zwischen Vergangenheit und Zukunft doch die Gegenwart liegt, die sehr wohl als Neopatriarchalismus bezeichnet werden kann, der nicht einfach ‚fortzuschreiben’ ist, da er fasertief in allen Teilsystemen eingeschrieben ist? So wird denn auch von „Reorganisationen von Ungleichheiten“ gesprochen und von „tiefgreifenden Transformationen“, die von der Zukunft her zu begreifen seien. Doch bleiben die soziologischen und politikwissenschaftlichen Beiträge erfreulich gegenwärtig; sie sind von der Problematik durchzogen, dass im Kontext von flexibilisierten Gendernormen und neoliberalen Regierungsweisen zwischen Unterwerfung und Selbstbestimmung nicht mehr unterschieden werden könne. Gefallen hat die Beitragsrahmung: der Schlusstext von Lenz rekapituliert konzentriert die Geschichte der kritischen Geschlechterforschung und der Eingangstext von Connell fordert eine solidaritätsbasierte Erkenntnisentwicklung für feministische Theorie auf Weltebene, die die Hierarchie der westlich-akademischen Wissensproduktion auflöst und die (auch aktivistischen) Erkenntnisbildungen aus dem globalen Süden und den marginalisierten Wissensorten im globalen Norden nicht nur zulässt, sondern anerkennt. Das wäre doch eine wirkliche Veränderung.

Birge Krondorfer

Geschlecht im flexibilisierten Kapitalismus? Neue UnGleichheiten. Hg. von Ilse Lenz, Sabine Evertz, Saida Ressel. 225 Seiten, Springer VS, Wiesbaden 2017 EUR 25,70