Zwischen den Geschlechtern…
Die Autorinnen versuchen in einer qualitativen Fallstudie (basierend auf fünf narrativen Interviews) dem Phänomen Intergeschlechtlichkeit auf den Grund zu gehen. Sie fokussieren dabei auf die psychosexuelle Entwicklung. Basierend auf der psychoanalytischen Verführungstheorie von Laplanche sowie den Theorien der adoleszenten Entwicklung von Laufer und Laufer wird klar, dass Intergeschlechtlichkeit in den wissenschaftlichen Ansätzen bisher schwer vernachlässigt wurde. Insofern ist der vorliegende Band sehr wichtig, beschreibt er doch, wie schwierig es ist, sich im Leben zurechtzufinden mit einem Körper, dessen Geschlecht nicht eindeutig ist. Diese Uneindeutigkeit beruht auf körperlichen/genetischen Merkmalen und betrifft nicht die sexuelle Orientierung. Damit wird ein großes gesellschaftliches Tabu thematisiert. Die Gesellschaft reagiert mit stereotypen Zuschreibungen an Geschlechterrollen und forciert ein eindeutiges Geschlecht, ebenso das Gesundheitssystem. Auch wenn es einige gesellschaftliche Veränderungen hin zu mehr Diversität gibt, so fehlt doch noch immer ein Konzept einer intergeschlechtlichen Geschlechtsidentität. Der vorliegende Band ist ein erster Schritt in diese Richtung und für alle an diesem Thema Interessierte wie auch für Betroffene geeignet.
Susanne Schweiger
Mira Kaszta und Simon Reutlinger: Intergeschlechtlichkeit. Eine qualitative Fallstudie zur psychosexuellen Entwicklung. 152 Seiten, Brandes & Apsel, Frankfurt/M. 2020 EUR 20,50