Artefakte der Frauengeschichte

Annabelle Hirsch beleuchtet über Epochen, Kulturen und soziokulturelle Milieus hinweg die stummen Zeugen des Alltags und gibt Einblicke in das Wirken von Frauen. Es sind keine Monumente, die von gewonnenen Schlachten zeugen, keine großen Wendepunkte der Geschichte. Trotzdem erzählt jedes Objekt von einem Umbruch, der, mal mehr, mal weniger still, im privaten und intimen Bereich stattfand. Dabei kommen Themen zur Sprache, die Frauen über die Epochen hinweg beschäftigen: Körper, Sex, Liebe, Arbeit, Kunst und Politik. Anhand der gewählten Objekte wird deutlich, mit welchen Strategien Frauen mit den Mythen umgingen, in die sie gezwängt wurden. So erzählen die Dinge Geschichten der Befreiung, der kleinen und größeren Kämpfe für das Recht, man selbst zu sein. Von schenkelklopfenden Altherrenwitzen leichtfertig zum Objekt gemacht, zum passiven Beiwerk der Geschichte, werden Frauen über die Objekte, die sie nutzen, zu Handelnden, die ihre jeweils eigenen Agenden verfolgen. Anstatt die Geschichte der 100 einflussreichsten Frauen zu erforschen, die als „irgendwie cool und besonders“ auf ein Podest gestellt werden, kann sich jede Lesende ihr eigenes Bild machen und sich den denkenden, träumenden und kämpfenden Frauen vergangener Epochen nahe fühlen. Jene Objekte, mit denen sich Frauen die Räume teilen, erzählen vom aktiven Beitrag, den Frauen zu jeder Zeit in der Gesellschaft leisten. Empfehlenswert zum Schmökern und Weitererzählen, nicht nur für Geschichtsverliebte!
PS

Annabelle Hirsch: Die Dinge. Eine Geschichte der Frauen in 100 Objekten. 416 Seiten, Kein & Aber, Zürich/Berlin 2022 EUR 32,90