Binar/Identitäten

Der aktuelle Diskurs um die Infragestellung und ‚Verflüssigung’ von bisher (biologisch) geglaubten, feststehenden Geschlechtergewissheiten stellt eine große Herausforderung für die Psychoanalyse dar. Freuds ursprüngliches Konzept der Bisexualität war seiner Zeit damals weit voraus und schien lange vergessen. Nun rückt es wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit und wird durch konkrete PatientInnen, die ihre Transidentitäten und Nichtbinaren Identitäten in die Praxen der PsychoanalytikerInnen bringen, virulent. Sogar Judith Butlers Konzept von Doing Gender ist damit überholt. Es geht um eine Absage an Biologismen, eine Absage an einen patriarchal-heteronormativen Diskurs, der vorschnell pathologisiert und sexuelle Praxen und Identitäten ins Reich der Perversionen einordnet. Der Band ist insofern sehr aktuell, als er den Diskurs um Geschlechteridentitäten auch in einen gesellschaftlichen Kontext stellt. Er will diesen Diskurs nicht rechten politischen Kräften überlassen, die einen biologistischen sexuellen Konservatismus verfolgen. Der Band ist für alle interessant, die sich wissenschaftlich/theoretisch mit der Psychoanalyse und dem Thema Geschlechtsidentität auseinandersetzen wollen.

Susanne Schweiger

Jenseits der Binarität? Der Genderdiskurs als Herausforderung für die Psychoanalyse. Hg. von Beate Blank-Knaut, Ada Borkenhagen, Bernd Heimerl, Iris Lauenburg, Eckehard Pioch und Susen Werner. 270 Seiten, Psychosozial Verlag, Gießen 2024 EUR 42,50