Das Recht zu verstehen und verstanden zu werden

Frauen* und Mädchen* mit Behinderungen sind sehr häufig von sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt betroffen. Nur ganz wenige trauen sich, eine Anzeige gegen die erlittene Gewalt zu machen. Institutionen, die auf Kontrolle statt Selbstbestimmung setzen, Gesetzestexte in schwieriger Fachsprache, fehlende ökonomische Selbständigkeit aufgrund von eingeschränkter Erwerbsfähigkeit, Abhängigkeit von assistierenden oder pflegenden Personen, mangelndes Wissen über die eigenen Rechte und Beschwerdemöglichkeiten, kein Geld für eine Rechtsvertretung – all das macht ein selbstbestimmtes Leben schwer. Es braucht einen geschützten Ort, um in Ruhe Worte für das Erlebte zu finden. Es braucht parteiliche Unterstützung und Ermutigung, um gegen entwertende und verletzende Behandlung aufzutreten, um Gewalt als solche zu erkennen und zu benennen und um sich gegen Übergriffe wirkungsvoll zu wehren. Dazu braucht es das Commitment von Politik und Rechtsprechung zur klaren Verurteilung von geschlechtsspezifischer Gewalt, wie die Beiträge über Opferschutz in internationaler Getzgebung und Strafverfahren in Österreich zeigen. Der Verein NINLIL hat einen wunderbaren „Kraft-Rucksack” herausgegeben, eine Publikation mit vielen hilfreichen Infos und Übungen, die eigenen Ressourcen zur Selbst-Stärkung zu nützen. Elisabeth Udl erzählt von den Beratungsprinzipien dieses Vereins, der auch Peer-Beratung zum gegenseitigen Empowerment bietet. Die positive Wirkung der Übersetzung von Recht in Leichte Sprache wird deutlich im „Erfahrungsbericht von Frauen mit Behinderungen als Expertinnen in eigener Sache“ sowie im Anhang der Istanbul Konvention in Leichter Sprache.

Bettina Zehetner

Gewaltschutz und Gewaltprävention für Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Hg. von Silvia Ulrich und Nina Eckstein. Linzer Schriften zu Gender und Recht Bd. 65. 308 Seiten, Trauner, Linz 2021 EUR 22,50