Die Liebe muss eine Krankheit sein

Der 12-Jahre alten Nia geht es schlecht. Sie kann sich nicht konzentrieren, nicht schlafen, nicht essen und das alles nur aus einem Grund: Sie ist verliebt. Wir befinden uns in Tiflis, Ende der 50er Jahre und Nias Herz droht ihr in der Brust zu zerspringen, obwohl sie den Angebeteten bisweilen nur aus Beobachtungen vom Fenster aus kennt. Der um einige Jahre ältere Student wohnt im Haus gegenüber und Nia schwelgt in Sehnsucht nach ihm, von dem sie noch nicht einmal den Namen weiß. In ihrer Umgebung scheint niemand ihre verworrenen Gefühle zu verstehen und so sucht sie sich Trost in georgischen Gedichten über die Liebe, die sie heimlich unter der Bett‑ decke liest. Jahrzehnte später wird Nia durch einen Zufall an ihre erste große Liebe erinnert. Die mittlerweile 60-Jährige blickt auf ihr Leben zurück und tritt mit ihrem jüngeren Ich in einen Dialog. In Zeitsprüngen zwischen den Jahren 1959 und 2010 erschließt sich der Leserin nach und nach die Entwicklung der jungen Nia zu einer erwachsenen Frau, der Fokus liegt jedoch auf der Gefühlswelt der Pubertierenden und ihrer Auseinandersetzung mit der Liebeslyrik verschiedener AutorInnen. Ein durchwegs poetischer Roman, wenngleich auch stellenweise zu spüren ist, wie schwierig die Übersetzung vom Georgischen ins Deutsche gewesen sein muss.  Rebecca Strobl

Naira Gelaschwili: Ich bin Sie. Aus dem Georg. von Lia Wittek. 169 Seiten, Verbrecherverlag, Berlin 2017 EUR 22,00