Die Produktion des Guten Lebens

Brigitte Kratzwald untersucht in ihrem Buch zwei selbstorganisierte Wirtschafts- und Lebensformen als Alternativen zum kapitalistischen Modell. Diese Ansätze sind einerseits die aus dem Ökofeminismus erwachsene Subsistenzperspektive und andererseits die Peer Production in der Freien Softwareproduktion. Subsistenz bedeutet, die Produktion von lebensnotwendigen Produkten (wie Lebensmitteln), die Hauswirtschaft und soziale Beziehungen aufzuwerten und gemeinsam ins Zentrum des Lebens zu stellen. Die Peer Production produziert hierarchiefrei und selbstorganisiert Software. Kratzwald diskutiert die beiden unterschiedlichen Ansätze sowohl in ihrer Entstehungsgeschichte also auch in ihrem Potenzial als „Keimform“ für gesellschaftliche Veränderungen.

Vieles klingt verlockend: Größere Unabhängigkeit vom kapitalistischen Staat, do it yourself als befriedigende Arbeit, die Aufwertung von Arbeit in Haus, Garten und Feld (urbane Varianten sind Selbsterntefelder und Urban Gardening), die Umgehung von Softwarekonzernen und ihren problematischen Produkten… Aber wie weit ist dies in der heutigen Zeit, hier in Mitteleuropa, auf der individuellen Ebene existenz-sichernd lebbar? Dies kann Kratzwald nur bedingt beantworten. Dennoch behandelt das Buch wichtige und spannende Fragen, es zeugt von großem Engagement der Autorin, zu Veränderungen in Richtung des Guten Lebens beizutragen. Auch wenn das Buch manchmal zu verallgemeinernd geschrieben ist, macht es Mut, Veränderungen keimen zu lassen. gam

Brigitte Kratzwald: Das Ganze des Lebens. Selbstorganisation zwischen Lust und Notwendigkeit. 180 Seiten, Ulrike Helmer Verlag Konzepte/Materialien Band 7, Sulzbach/Taunus 2014EUR 20,60