Die Sache!

Vergewaltigung als Thema ist nicht unterhaltsam, aber es ist ein wichtiges. Anna und Jonas kennen einander, haben bereits viel miteinander diskutiert und auch schon einmal miteinander geschlafen. Auf der Geburtstagsparty eines gemeinsamen Freundes betrinken sie sich fast besinnungslos, später vergewaltigt Jonas Anna. Anna ist psychisch am Ende. Zwei Monate später zeigt sie Jonas an. Soweit die Rahmenhandlung. Interessant ist die Aufarbeitung im sozialen Feld, denn für beide entwickelt sich ein Spießrutenlauf. Für sie, weil sie durch den Makel der persönlichen Versehrtheit massiv psychisch beeinträchtigt ist, Ängste, Panik und Wut entwickelt. Für ihn, weil er mit Ausschluss sowohl im sozialen wie auch beruflichen Leben konfrontiert ist. „Defma“ schaltet sich ein. Jonas versteht es nicht, er dachte der Sex sei einvernehmlich gewesen. Zu viel Alkohol ist ein no go für eine Nacht in Sachen Sex. Eigenartig, dass er hier nicht einsichtig ist. FreundInnen melden sich zu Wort, versuchen aus ihrer Perspektive den Fall zu rekonstruieren und sind auf ihre Art parteilich. Interessant sind die Nuancen, die sie im Gespräch einbringen. Die Mühlen der Bürokratie mahlen letztlich gegen beide. Es ist ein lesenswertes Buch, insbesondere Männern sei es angeraten, sich inhaltlich damit zu beschäftigen, aufmerksamer zu sein, was Frauen wollen und um selbst reflektierter und kritischer gegenüber der eigenen Praxis zu werden, um fehlendes Einvernehmen früh genug ernst zu nehmen und niemals darüber hinwegzugehen. Interessant auch für Diskussionen!
ML
Bettina Wilpert: Nichts, was uns passiert. 167 Seiten, Verbrecher – Verlag, Berlin 2018 EUR 20,30