Entwicklungsgesetze

Der Inhalt des Romans bewegt sich um zwei bedeutsame Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, den Evolutionstheoretiker Charles Darwin und den Begründer des historischen Materialismus Karl Marx. Um die beiden miteinander zu verbinden, wird von der Autorin ein junger Arzt als Kunstfigur entworfen, um die beiden in London lebenden Männer voneinander Kenntnis nehmen zu lassen, nachdem sie auch das Hauptwerk des jeweils anderen gelesen haben. In der Personencharakterisierung gelingt es Jerger ein klares Bild von Darwins Forschungsausflügen und seinem Privatleben zu entwickeln. Hingegen die Charakterisierung von Marx verliert sich, bleibt bruchstückhaft und wenig schmeichelhaft. Er zeichnet sich durch Launenhaftigkeit aus und betreibt körperlichen Raubbau. Für Nichtkennerinnen der beiden ergibt sich für die Person Darwins ein interessantes Portrait seiner Forschungsfragen. Marx bleibt in der präsentierten Beschreibung als Gesellschaftswissenschaftler oberflächlich und wenig überzeugend.

Die ausführlich beschriebenen Krankenbesuche und Behandlungen, die durchaus erkenntnisreich sind, weil sie vieles über die damaligen medizinischen Voraussetzungen vermitteln, trösten die Leserin nicht darüber hinweg, dass der fiktiv geführte Diskurs der beiden Wissenschaftler intensiver hätte gestaltet werden können. Eine großzügigere Verarbeitung marxistischer Thesen wäre zum 200. Geburtstag wünschenswert gewesen, zumal heute wieder vermehrt Marx rezipiert wird. Als Unterhaltungslektüre ohne überhöhte Erwartungen zu lesen!

Antonia Laudon

Ilona Jerger: Und Marx stand still in Darwins Garten. 287 Seiten, Ullstein, Berlin 2017 EUR 20,60