Erinnerst du dich?

In einer behutsamen, langsamen Sprache reihen sich die melancholischen Gedanken der Autorin aneinander. Es sind kurze poetische Episoden aus ihrem Alltag. Es sind einfühlsame, kontemplative Beschreibungen zwischen Berlin und New York vor allem der 1990er Jahre, die präzise und minutiös vor dem inneren Auge der Leserin entstehen: Erinnerungen! Dabei stehen Menschen, flüchtige Begegnungen, verschiedenste Tiere, Insekten, Gegenstände und selbstverständlich Stimmungen, die mit einem jeweiligen Gegenüber geteilt werden, im Mittelpunkt. Nachdem die Autorin gleichzeitig bildende Künstlerin ist, ist gerade diese in ihr vereinte Kombination als Erzähltechnik das Faszinierende an den unterschiedlichen reflektierten Szenerien, denn die Eindrücke werden wie ein zu malendes Bild entwickelt und rekonstruiert. Die Sympathie gilt denen, die Antworten auf das Leben und seine Vergänglichkeit suchen. Diese liegen in den kleinen Bewegungen, in der Zeitlupe, zuweilen im Stillstand, jedenfalls im Detail. Für alle, die dem Alltagsstress entfliehen wollen, eignet sich der Debütroman der Autorin als Anregung eines Bewusstseinsprozesses, um sich selbst anzunähern. Seltsam unaufgeregt aber gelungen!
Anna Bleibtreu
Andrea Scrima: Wie viele Tage. Aus dem amerik. Engl. von Barbara Jung. 188 Seiten, Droschl, Graz/Wien 2018 EUR 23,00