Feministinnen schreiben Geschichte

Wiener Feministinnen der 1970er Jahre haben neuerlich ein Buch zur eigenen Geschichte an den Anfängen dieser Phase der Frauenbewegung vorgelegt, das vier von ihnen herausgegeben haben. Der umfangreiche Band verwebt thematisch geordnet Texte von 25 zumeist namentlich angeführten Protagonistinnen, in denen sie aus heutiger Perspektive über diese Zeit erzählen, weiters Texte aus der Zeitschrift AUF, die sie damals veröffentlichten, Kommentare zur damaligen oder heutigen politischen Situation, sowie zahlreiche Fotos. Im Abschluss geben 25 Kurzbiografien und Porträtfotos Einblick in das weitere Wirken dieser Aktivistinnen. An einigen Stellen sind auch Ansichten von heute erwachsenen Töchtern dieser Frauen eingefügt, mehrere Textteile im Band wurden bereits an anderer Stelle veröffentlicht.
Viele erzählen autobiografisch von den Hintergründen, in denen sie aufgewachsen sind, von Abtreibungen, Vergewaltigungen, Lieben, Sex und Demonstrationen. Es ist immer wieder berührend zu lesen, wie die damals 20-30jährigen lebten und dachten, wie sie sich zunehmend empörten, zusammenschlossen, feierten oder ihre Wut in Aktionen zur „Abschaffung des Patriarchats“ verwandelten. Da sprechen Zeitzeuginnen und ermöglichen teils intime Einblicke. Unausgesprochen bleibt, wie es zu diesem „Wir“ kam, warum kommen diese 25 Frauen vor, diese Themen – welche nicht? Somit liegt ein weitererBand vor, mit dem Einige klarstellen, dass sie nicht nur damals Geschichte schrieben, sondern auch die Geschichtsdarstellung schreiben möchten – was wiederum eine interessante Quelle ist.
Meike Lauggas

Zündende Funken. Wiener Feministinnen der 70er Jahre. Hg. vom Frauenkollektiv RitClique. 367 Seiten, Löcker, Wien 2018 EUR 19,80