Feministische Wiederaneignung der Commons

Die herrschaftskritischen Beiträge der bekannten feministischen Theoretikerin Silvia Federici, die aus vier Jahrzehnten stammen, wurden im englischsprachigen Original bereits 2012 als Band veröffentlicht und liegen 2021 nun auch in deutscher Sprache vor. Inhaltlich lassen sie sich in drei Bereiche unterteilen. Der erste Teil setzt sich aus älteren Texten zur Hausarbeit zusammen, in denen Federici die häusliche Reproduktionsarbeit als Hebel oder Kernbereich sieht, um von hier ausgehend antikapitalistische Kämpfe zu führen. Im zweiten Teil kritisiert sie die globalen Entwicklungsszenerien, in dem sie u.a. die Rolle der Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Weltbank in den weniger kapitalistisch entwickelten Peripherieländern unter die Lupe nimmt. Die Auflagen, die mit der Entgegennahme der „Hilfsgelder“ verbunden sind, bestehen für die südlichen Staaten darin, aggressive Privatisierungsprogramme durchzuführen, Sozialabbau zu forcieren und den Handel zu liberalisieren, indem Zölle für Importgüter abgeschafft werden. Dabei sieht die Autorin in den Hungerhilfe-Programmen der NGOs Wegbegleiter dieser neoliberalen Entwicklung, die sich ebenso kontraproduktiv auf die Lebenslage der dort ansässigen Bevölkerung auswirken. Zunehmende Verarmung, Klimawandel, Landflucht, Drogenhandel und Kriege sind die Folge. Im letzten Teil geht es um die zumeist von Frauen verrichtete bezahlte Reproduktionsarbeit im Norden unter Einbeziehung der Subsistenzlandwirtschaft im Süden. Der Band richtet sich an alle, die in der Frauenstreikbewegung aktiv sind, um die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu zwingen.
Antonia Laudon
Silvia Federici: Revolution at Point Zero – Hausarbeit, Reproduktion und feministischer Kampf. Aus dem Engl. von Leo Kühberger,
304 Seiten, Unrast, Münster 2021, EUR 20,50